Tierschützer kritisieren zurecht
Hallo Natalie,
selbst im Trottoforum, einem Traberportal, wird diskutiert, dass viele Kritiker des Rennsports durchaus erfahrene Pferdekenner und reflektierte Menschen sind. Warum wohl ist das so ??? Du unterstellst mir ich sei nicht richtig informiert ….nun ja, ich beobachte den Trabrennsport seit 30 Jahren recht intensiv. Als junger Mann war ich für einen Traberzüchter und dann auch bei einem Trainer tätig. Vor Ort beim Training und Rennen sowie auf Rennvideos habe ich oft genug gesehen, dass Pferde geschlagen werden. Immer wieder werden ja auch Strafen wegen Peitschenmissbrauchs ausgesprochen.
Eigentlich müssten diese Vorkommnisse nicht nur nach der Trabrennordnung geahndet werden, sondern als Straftat angezeigt und die Pferde aus der Platzierung genommen werden. Im letzten Preis der Winterfavoriten wurde beispielsweise ein erst zweijähriges Pferd - auf dem Einlaufvideo deutlich erkennbar - massiv mit der Peitsche angetrieben, geschlagen. Der Fahrer und Trainer wurde mit 300 € bestraft, aber nicht aus der Platzierung genommen.
Schläge nur auf die Ausrüstung sind so sauber gar nicht zu platzieren; sie sind auch laut Trabrennordnung nicht erlaubt. Der entstehende Lärm ist für die akustisch hochempfindlichen Pferde genauso ängstigend und unangenehm wie Peitschenschläge. Wegen dieser Lärmempfindlichkeit tragen viele Pferde Ohrschützer, Ohrwatte - die allerdings oft im Einlauf aus den Ohren gezogen wird und die Pferde mehr anzutreiben. Diese so genannte Zugwatte gehört zu den vielen fragwürdigen Hilfsmitteln im Trabrennsport. Sie ist in Niedersachsen seit Jahren verboten. Dass sie zusammen mit Zungenbändern, welche die Pferdezunge während des Rennens fixieren, trotzdem angewandt wurden hat bei den Duhner Wattrennen für neuerliche Verbote und Auflagen gesorgt. Auf den Trabrennbahnen gehören sie trotzdem zum alltäglichen Bild. Im Ausland, zum Beispiel in Frankreich werden noch ganz andere Mittel verwandt (mit Stacheln besetzten Seitenzügel usw.). Ich selbst habe vor vielen Jahren gesehen wie ein italienischer Spitzenhengst mit einer Fahrradkette im empfindlichen Maul gefahren wurde. Mal ganz abgesehen vom Doping, welches lange offenbar ein Problem im Rennsport war.
In der Vergangenheit wurden Trabrennpferde zum Teil extrem häufig gestartet, einige bis zu 100 mal im Jahr. Es sind auch zwei Rennen an einem Tag erlaubt. Es finden sich also kaum Beschränkungen und Sanktionen. Anders als im Galopprennsport gibt es für die schon zweijährig eingesetzten, noch nicht ausgereiften Tiere, keine Renntauglichkeitsuntersuchung.
Noch viel weniger gibt es verlässliche Zahlen über den Gesundheitszustand und die weitere Lebensdauer der Pferde, die aus dem Rennbetrieb ausscheiden. Es finden sich allerdings gar nicht so viele Traber unter den Freizeitpferden, diese haben zudem nicht den besten Ruf und oft werden sie zu extrem niedrigen Preisen verkauft - was dafür spricht, dass diese Pferde nicht gut an den Käufer zu bringen sind. Schon vor vielen Jahren habe ich in Zusammenarbeit mit einem Freizeitreiterverband darauf hingewiesen, dass zu viele Trabrennpferde mit nervlichen oder körperlichen Schäden die Rennbahn verlassen. Geändert hat sich offenbar wenig und dies Pferde sind für Freizeitreiter nicht geeignet. Als ich noch mehr mit dem Rennsport zu tun hatte, war es durchaus üblich Pferde, die nicht mehr für Rennen oder Zucht geeignet waren zum Schlachter zu geben.
Der Verweis auf die bösen anderen Pferdesportarten dürfte eine wenig überzeugende Argumentation sein. Statt sich mit den eigenen Missständen zu beschäftigen lenkt man ab. Traber scheiden oft jünger aus dem Rennbetrieb aus, vielleicht haben sie deshalb zu diesem Zeitpunkt noch weniger Arthrose als ältere Dressur- und Springpferde. Trotzdem sind/werden offenbar viele Pferde krank. Rückenprobleme waren damals durchaus häufig. Interessanterweise wurden die Pferde unter dem Sattel gearbeitet, um diese Probleme zu beheben. Gelenk und Sehnensprobleme scheinen häufig zu sein und es gibt sogar für trabertypische Erkrankungen.
Es gibt m.W. keine empirischen Daten, welche nahe legen, dass Traber gesünder als andere Sportpferde sind. Hingegen gibt es empirische Untersuchungen, die zeigen, dass viele Galopprennpferde krank werden. Warum sollte das bei den Trabern, die eher häufiger zum Einsatz kommen, und auf der Rennbahn in kleinen Einzelboxen stehen eigentlich anders sein?!
Vielleicht muss man sich auch nur anschauen, wie sich Besitzer und Aktive um ein siegreiches Pferd in Pose werfen, ohne das Tier selbst auch nur irgendwie zu beachten. Auch viele der Pferdenamen verweisen eher auf narzisstische Wünsche und obskure Fantasien ihrer Besitzer, als dass sie von einer Partnerschaft mit dem Lebewesen Pferd zeugen.
Der Trabrennsport hat in der Öffentlichkeit, unter Pferdeleuten und Tierschützern einen schlechten Ruf. Der Trabrennsport führt nur noch eine Nischenexistenz und hatte in den letzten Jahren genug Skandale und Querelen. Verantwortlich hierfür sind m.E. zuerst die Traberleute selbst. Es hilft Deinem „Sport“ nicht, wenn du ich ihn hier schön redest.