Seltsame Liste / Lücken
Zuerst einmal zu den Lücken: Ich hatte ja geschrieben, dass die Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt; hab sie einfach mal so aus dem Gedächtnis runtergeschrieben. Daher sollte man schon im Einzelfall klären (wie es ja Thomasius mit seiner anfänglichen Stones-Frage getan hatte), ob das Fehlen oder Nicht-Fehlen bestimmter Namen eher absichtlich oder versehentlich geschehen ist.
Daher kläre ich nun auf:
a) Rolling Stones:
Für diese Rock-Opis bin ich sozusagen zu jung (sorry Thomasius...). Rock im klassischen Sinne sagt mit nichts, bis auf die oben erwähnten Uriah Heep oder auch Depp Purple, die schon wieder etwas Geniales an sich hatten. Damit (also mit den Stones im Speziellen) bin ich nicht aufgewachsen, verbinde daher keine nostalgischen Gefühle damit. Rock ist nach meinem Verständnis auch halt der Ausdruck eines Lebensgefühls in einer bestimmten Epoche und wohl auch mehr einer bestimmten Altersgruppe, die das natürliche Vorrecht hat, laut, aufsässig und aufdringlich zu sein. Warum ich etwas herablassend über die Rock-Opis gesprochen habe, hängt auch damit zusammen, dass ich 60-jährige Rocker mit Hängebauch auf der Harley etwas lächerlich finde. Irgenwann sollten Menschen erwachsen werden. Musikalisch haben die Stones meiner Meinung nach keine erwähnenswerten Qualitäten. Sie leben heute noch vom Nimbus der 60er Jahre, und die Fan-Opis im Publikum bekommen wohl glasige Augen bei der Erinnerung an ihre ersten One-Night-Stands... Jeder, der mag, soll diese Musik hören; für mich wäre sie Zeitverschwendung, weil ich nichts dabei empfinde oder damit verbinde, sorry...
b) Laibach:
Diese Jungs gehören wohl zu den am meisten missverstandenen Bands der Welt. Sie kokettieren mit bestimmten Symbolen, karikieren sie jedoch auch dadurch (da sind sie Rammstein ähnlich, die ja auch Laibach als Vorbild haben). Und was kann bitte eine Band dafür, wenn sie auch ein paar braune Dumpfglatzen im Publikum haben, die anscheinend nichts gecheckt haben? Laibach ist experimentierfreudig, europäisch und damit echt anti-nationalistisch orientiert, die Texte und Motive sind fernab jeglicher schwarzbrauner Stammtischparolen. Ich gebe zu, dass die Musik noch gewöhnungsbedürftiger ist als die von Kate Bush, und mir gefällt auch nicht alles (aber eben nur wegen der manchmal etwas schrägen Musik). Aber jeder, der mit offenen Ohren Musik hört, sollte sich das mal reinziehen. Hörtipp für Einsteiger: Das Album "Kapital".
c) Santana:
Höre ich gerne, das Gitarrenspiel ist einerseits genial, manchmal aber auch ist zuviel davon ermüdend. Ich kenne auch zu wenige Stücke (das was man halt so kennt aus den Medien: Samba pa ti, Oye como va, Black Magic Woman, ...). Stimme zu, dass das unbedingt zu guter Musik dazugehört.
d) Xavier Naidoo (bzw. Söhne Mannheims):
Der gute Mann ist ja sehr umstritten, auch wegen seines klaren Bekenntnisses zum Christentum, das man auch in vielen Liedtexten wiederfindet. Was man ihm aber nicht absprechen kann sind erstens eine tolle, soulige Stimme und zweitens Texte mit Tiefgang (im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen). Leider werden die Lieder in den Dudelsendern ja oft als "Radio Edit" gesendet, wo die "deutlichsten" Passagen meistens rausgeschnitten sind (z.B. bei dem Lied "Und wenn ein Lied..."). Ich hab derzeit nur "NOIZ" zu Hause im CD-Regal, aber mehr aus Mangel an Gelegenheit als aus Abneigung...
e) Alex Harvey:
Ist irgendwie auch nicht mehr meine Generation, aber an und für sich schon legendär. Kenne ich zu wenig.
f) Katja Ebstein:
Eine Frau mit - immer noch - einer tollen Ausstrahlung und einer super Stimme, die zu Unrecht in die Schlagersternchen-Ecke abgeschoben wurde, Kunze, Meinunger und Siegel sei Dank... Sie steht für mich auch deshalb so deutlich über vielen anderen Schlagersängern, weil die umso schlechter stimmlich und von der Persönlichkeit her rüberkamen. Aber zu den Schlagern der 60er und 70er Jahre habe ich eh ein besonderes (meist positives) Verhältnis, was vielleicht mit "Erinnerungen an die Kindheit" zu erklären ist. Es gibt aber auch da welche, die höre ich mal ab und zu mit, andere, da stelle ich den Track-Zähler der CD absichtlich drauf, um nur dieses Stück zu hören. Ich weiß, in der Schlagerszene wurden auch viele Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen, aber es gehört nun mal auch zu unserer Geschichte (und besser sind die Lieder heutzutage auch nicht geworden...).
Wenn jetzt jemand in Hinblick auf die Stones, Alex Harvey usw. erwidert, dass ich ja Beatles und Sinatra auch mag, und das sei ja auch nicht mehr "meine Generation" gewesen: Stimmt schon, aber es kommt eben auch darauf an, wie man zu dieser oder jener Musik "gekommen" ist, und welche Assoziationen (meist aus der Kindheit) man damit verbindet. Dann muss man auch nicht mehr zwangsläufig ein Zeitgenosse der Band sein, und die Musik muss dann auch nicht mehr unbedingt jeden Qualitätstest bestehen...
Ach so ja, wenn ich schon dabei bin, die Liste zu ergänzen:
Da müssen natürlich auch Die Ärzte rein (herrlich verrückt und selbstironisch) - aber NICHT die Toten Hosen (der Stones-Opi-Effekt in der Punkszene, und dazu viel zu bierernst), Ich und ich (schon alleine wegen der Humpe, siehe DÖF, und der "menschlichen" Texte), Harry Belafonte (Weltstar mit bescheidenen Wurzeln), Michelle Shocked (sehr vielseitig), Spandau Ballet, Joan Baez (hauptsächlich wegen der Stimme, aber auch wegen "Rejoice In The Sun" und "Earth Between My Toes" aus "Lautlos im Weltraum"), Gloria Gaynor ("I Will Survive" :-)) ...
Wer sich jetzt noch wundert, warum in meiner Liste keine "aktuellen" Gruppen/Sänger vorkommen, dem kann ich sagen, dass mir die Musikszene derzeit zu wechselvoll und kommerzialisiert ist, als dass sich für mich ein wirklicher neuer Lieblingskandidat herauskristallisiert hätte. Fragt mich mal in 10 Jahren wieder... ;-)
LG
marsupi