Leolustig Zwischenantwort
Hallo Leolustig,
ich will auf deine Frage zum Langzeitstillen eingehen. Die wirkliche Ursache ist zu sehen in einer starken Mutter Kind Bindung das bis zum Vorschulalter gestillt wurden ist. Das Thema Langzeitstillen ist ein Randthema wo es mehre wissenschaftliche Auffassung gibt über die Ursachen. Besonders kritisch äußern sich Experten allerdings, wenn es um das Alter der Kinder bei Sears Erziehungskonzept geht. Solange nämlich von Säuglingen die Rede ist, scheinen viele der Ideen nachvollziehbar und gesellschaftskonform zu sein. Zum Aufreger wird die "Bindungsorientierte Pädagogik" erst, wenn die umsorgten Kleinen dem Babyalter entwachsen sind. Für viele Wissenschaftler ist dann das Vermeiden von Weinen, das Schlafen im Elternbett und das lange Stillen eine extreme Form des Umsorgens und steht ihrer Ansicht nach im krassen Widerspruch zu entwicklungspsychologischen Erkenntnissen. Dadurch, dass Kinder in künstlicher Abhängigkeit gehalten werden, würden ihre Autonomiebestrebungen unterdrückt und sie wären gezwungen über zu lange Zeit "Kleinkind" zu bleiben, so die Begründung.
In der Kinderpsychologie wird eine Grenze bei anderthalb Jahren, ansonsten entstehe eine einseitige Abhängigkeit von der Mutter und die Autonomieentwicklung würde behindert. Eine der am meisten Gründe langzeitstillenden Müttern ist, dass sie sich auf diese Weise sexuell stimulieren, oder dass sie quasi eine sexuelle Beziehung zum Kind aufnehmen. Was Menschen als normal empfinden, hängt davon ab, an was sie gewöhnt sind. Hier wurde eine starke Mutter-Kind-Beziehung aufgebaut wo die Gründe in Verlustängsten zu sehen ist. Auch für die Mutter war es eine besondere Form der sexuellen Befriedung. Saugt ein Kind an der Brust, führt dies in der Regel bei der Mutter zur Ausschüttung von Hormonen, wobei zwei davon besonders wichtig sind: Oxytozin und Prolaktin. In der Tat sind diese beiden Hormone auch an der Sexualität beteiligt, so dass es naheliegend ist, Empfindungen beim Stillen und beim Sex im Zusammenhang zu sehen. Oxytozin wird u.a. durch das Saugen des Babys an der Brust, aber auch durch liebevollen Körperkontakt ausgeschüttet. Einerseits führt dies dazu, dass die Muttermilch gut fließt, andererseits stärkt es die Mutter-Kind-Bindung. Das sogenannte „Bindungs-“ oder „Kuschelhormon“ spielt aber auch in der Sexualität eine entscheidende Rolle. So erhöht sich sein Spiegel bei Intimität und Berührung, insbesondere beim Orgasmus (was irritierend sein kann, wenn bei der stillenden Mutter beim Sex plötzlich Milch aus den Brüsten tropft). Das Hormon Prolaktin ist für die Bildung und Menge der Muttermilch verantwortlich. Als „Brutpflegehormon“ wird es bei allen (auch nicht verwandten) Bezugspersonen ausgeschüttet, die sich an der Betreuung eines Kindes beteiligen. Prolaktin ist ein Gegenspieler von Testosteron, das bei beiden Geschlechtern mitunter verantwortlich für die Libido ist. Die Brutpflege ist entwicklungsbiologisch älter einzustufen als Stillen und Sexualität. So wurde das Brutpflegehormon Prolaktin bereits mehrere Millionen Jahre vor dem Auftauchen der ersten Säugetiere bei amphibischen Lebewesen ausgeschüttet. „Es mag nützlich sein, sich vor Augen zu halten, dass mütterliche Gefühle im Rahmen der Evolution eindeutig Vorrang vor irgendwelchen Lustempfindungen haben. Lange ehe irgendeine Frau Vorspiel oder Geschlechtsverkehr als lustvoll empfand, sorgte die natürliche Selektion dafür, dass ihre Ahnen positiv auf ähnliche Gefühle reagierten, die bei der Geburt und beim Stillen ausgelöst wurden.“ so die amerikanische Soziobiologin Sarah Balffer Hrdy (Hrdy, 2010). Oder anders ausgedrückt: Stillen und damit verbundene angenehme Gefühle sind nicht Folge, sondern Ursprung der lustvollen, sexuellen Gefühle.
Diejenigen Mütter, die Stillen tatsächlich mit positiven Körpereindrücken verbinden, werden dadurch nicht zwangsläufig sexuell stimuliert. Nur weil eine körperliche Empfindung oder Berührung durch andere angenehm erlebt wird, ist sie nicht automatisch sexueller Art. Und auch wenn einzelne Mütter tatsächlich sexuell erregt werden, dann kann man trotzdem nicht von sexuellem Missbrauch sprechen. Das Saugen an der Brust und der damit verbundene Körperkontakt mit der Mutter bieten u.a. Sicherheit, Trost und Beruhigung. Stillen macht nicht nur satt, es hat zahlreiche physiologische Auswirkungen auf das Kind. Bei Säuglingen werden Herzschlag, Atemfrequenz, Körpertemperatur und Blutzuckerwerte durch das Stillen verbessert (ILCA, 2005; Biancuzzo, 2005, Williams, 1997, Bergman, 2004, Bystrova, 2003). Außerdem wirkt Stillen schmerzlindernd (Shah et al., 2006) und fördert das Einschlafen. Stillen nur als bestimmte Ernährungsform zu betrachten, bei der das Kind Muttermilch erhält und die mit zunehmendem Alter des Kindes an Bedeutung verliert, wird dieser höchst komplexen Form der Mutter-Kind-Beziehung nicht gerecht. Stillen ist klar nicht nur eine Ernährungsart, sondern ein stärkendes Beziehungsritual und nonverbale Kommunikation. Weiter mit Teil 2.