Abstinenzgebot

Wer kann mir etwas über das Abstinenzgebot zwischen Psychoanalytiker und Patienten sagen

Antworten (3)
Wow!

So geschwollen kann man es natürlich auch formulieren.

Abstinenzregel

Die Abstinenzregel besagt, dass der Analytiker in der Übertragung sich zeigende Triebbedürfnisse des Analysanden nicht befriedigen soll. Gemäß dieser Auffassung findet die Analyse "in der Versagung" statt. Durch das Nichtbefriedigen soll der Raum offen bleiben, so dass die Analyse der Übertragung fortschrieten kann, womit dem Analysanden der emotionale Einblick in sein unbewusstes Begehren ermöglicht bleiben soll. Durch die taktvolle, gut dosierte und zum richigen Zeitpunkt erfolgende Übertragungsdeutung kommt es beim Analysanden zu tiefgehenden Veränderungen (was ja das Ziel der Analyse ist). Durch die Befriedigung würde die Übertragung hingegen verschwinden und die Chance einer erfolgreichen Analyse wäre vertan. Freud beschrieb dies vor allem in seinen behandlungstechnischen Schriften.

Im Zuge der Entwicklungen nach Freud pervertierte diese Regel einerseits zu einer Regel zur Verhütung von sexuellen Kontakten (die sich aber ja schon ethisch und auch wiederum aus dem Verstehen des Übertragungskonzeptes auch ohne Abstinenzregel ergibt). Andererseits zu einer analytischen Haltung, die den schweigenden, kalten, verkopft deutenden Analytiker hervorrief, der seinem Analysanden nicht mal die Hand zur Begrüßung gibt.

Ausserhalb einer Richtung in der britischen Psychoanalyse und der us-amerikanischen Ich-Psychologie der 1950er bis 1970er Jahre hat es das aber glücklicherweise nur selten gegeben. Freud selbst hat wie man heute weiß nicht so gearbeitet (was in dem Verständnis nicht abstinent gegenüber seinen Analysanden), sondern freundlich, warmherzig, verständnisvoll, einfühlsam und zugewandt - wie ein Analytiker eben sein sollte.

Die "aktive Technik" von Ferenci in den 1920er Jahren, Ansätze aus dieser Zeit von Steckel und anderen, vor allem dann auch Alexander (1937) mit der "korrigierenden emotionalen Erfahrung" in der Analyse und nicht zuletzt die Selbstpsychologie in den 1970er und 1980er Jahren zeigten durchgehend durch die Entwickluingsgeschichte der Pssychoanalyse, dass es auch anders zuging, als in den geschilderten beinden Strömungen.

Weiterentwicklungen durch die Säuglingsforschung, der Betonung von Veränderung impliziten Beziehungswissens und dann schließlich die intersubjektive bzw. relationale Wende in der Psychoanalyse lassen diese Auslegung von Abstinenz nur noch als Karikatur von Psychoanalyse erscheinen.

Dennoch gilt auch dabei die Abstinenzregel. Befriedigung innerhalb der Übertragung schafft Abhängigkeit bis Hörigkeit und keine Entwicklung des Analysanden. Erlebte Defizite des Analysanden lassen sich nicht durch Befriedigung heilen, sondern sie können lediglich emotional verstanden, begriffen und erfahren werden. Erst das Betrauern dessen kann dazu führen, dass der Analysand das So-Gewesensein und das So-Sein akzeptiert - und damit sich in seinem So-Sein selbst besser annehmen kann und mit seiner inneren wie äußerenn Welt ein Stück Frieden schließt.

Antwortversuch!

Es gibt ein dunkles Kapitel in der erst kurzen Geschichter der Psychoanalyse. In den Anfängen war der Sexuelle Kontakt zwischen Therapeut und "Patient" gar nicht so selten. In den Biographien der Promi-Analysten kann man das nachlesen und die hatten überhaupt kein schlechtes Gewissen dabei. Die Blockaden der gut betuchten, meist weiblichen Klientel mussten einfach gelockert werden, zumindest mit der Hand, in der Nähe des Unterbauches.
Patientinnen hatten alsbald den Dreh raus, was der Lauscher gerne hören wollte. Anais Nin zum Beispiel, selbst eine hochgradig gestörte Persönlichkeit bekam jeden Psychoterapeuten auf die Coach für die Befriedigung ihrer Sexgelüste und erhielt alsbald selber das Recht zu therapieren. Wie diese Stunden abgelaufen sind, kann sich jeder gut vorstellen.
Die Folge von diesem Treiben war, daß ein Kontaktverbot in der Psychoanalyse eingeführt werden musste.
Kein Sex mit dem Patienten, also Abstinenz über die Therapiezeit hinaus.
Thomasius

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