Zigaretten als Erziehungsmaßnahme?

Hallo, kurz zum Hintergrund: bei uns raucht die ganze Familie (meine Frau, ich, unsere beiden Jungs). Bisher läuft das so, dass ich einmal im Monat den Großeinkauf Zigaretten erledige und jeder nimmt sich dann aus dem Vorratsschrank, was er braucht. Jetzt haben bei den Jungs die schulischen Leistungen etwas nachgelassen und meine Frau hatte nun die Idee, die Zigaretten wegzusperren und zu rationieren, wenns schlechte Noten gibt. Sie meint, dass es bei einer 6 nur mehr alle 3 Tage ein Pack geben soll, bei einer 5 alle 2 und bei einer 4 an einem Tag in der Woche keine Schachtel ausgegeben wird. Bei 1, 2 oder 3 soll es eine Schachtel pro Tag geben. Ich bin eigentlich dagegen, weil ich die Noten eher auf die Pubertät als auf Faulheit zurückführe. Außerdem werden die Leistungen sicher nicht besser, wenn die Jungs auf Entzug in die Schule gehen müssen. Trotzdem wollte ich mal fragen, was ihr hier davon haltet, bevor ich endgültig Nein zu Ihrem Vorschlag sage. Also: Was meint ihr?

Antworten (7)

Rauchen eure Kinder regelmäßig und brauchen ihre Zigaretten ist diese Erziehungsmethode sehr wirksam. Würde ich bei meinen Kindern, beide Raucher, ebenso tun. Sie brauchen ihre Zigaretten und werden mehr lernen wenn sie die Folgen vom Nichtlernen erkennen. Sie werden wieder besser sein, wenn sie als Strafmaßnahme auf Zigaretten verzichten müssen.

Placi
Psychologische Motivationen

Zu Moritz: es ist natürlich ein Unsinn, die Söhne mit Zigaretten zum Lernen anzutreiben. Wenn das nicht von innen kommt, fällt das Können wieder weg, sobald die natürliche Stütze fehlt.

zu Max: das ist eine legitime Sichtweise, sie führt aber in die Sackgasse. Wie Du selber schreibst, bist schon richtiger Raucher. DAs Rauchen sagt Dir zu und Du hältst es aus. Mich faszinierte es auch einmal, aber ich hielt es nicht aus.
Rauchen aus Genuss, warum nicht. Aber Deine Argumentation führt in die Sucht. Weil Du das Laster mit der Lust legitimierst.

Meine Perspektive

Hallo zusammen!
Auch wenn der Beitrag schon sehr alt ist, möchte ich auch noch etwas aus einer, denke ich, sehr wichtigen Perspektive dazu sagen.
Ich bin Schüler eines Gymnasiums und beende momentan mein Abitur. Ich habe mit 13 zu rauchen begonnen und wurde, als meine alleinerziehende Mutter dies herausfand als ich 14 war, diesbezüglich von ihr unterstützt.
Man wird trefflich darüber streiten können, ob dieses Vorgehen ihrerseits nun richtig gewesen ist, aber das Rauchen hat für mich, seit die Pubertät begann, ein Faszinosum dargestellt, dem ich dann förmlich nachgeben musste. Ich glaube zudem, dass das Rauchen zu billigen, wenn sich der Teenager dazu entschlossen hat, auch ein wichtiges Signal hinsichtlich zugestandener Selbstbestimmung darstellt, die man sich in dieser Lebensphase natürlich wünscht.
Doch zum Kernthema:
Ich selbst hatte nie mit schlechten Noten zu kämpfen (schließe mein Abitur mit sehr großer Wahrscheinlichkeit mit 1, 0 ab, nachdem ich auch die Abiturklausuren diese Woche gut überstanden habe), doch war das Rauchen immer Stütze sowie Motivation und Belohnung zugleich neben dem nur natürlichen Ehrgeiz. Insofern würde ich das Rauchen nicht kategorisch als etwas der Leistung Abträgliches beurteilen-auch bezüglich Klausursituationen: Erst einmal besteht die Möglichkeit, im Vorfeld "Zigarettenpausen" bei der Oberstufenkoordination zu beantragen (was nötig ist, da sonst das Gebäude nicht verlassen werden darf). Diese Möglichkeit habe ich aber nie in Anspruch genommen, obwohl ich schon regelrechter Raucher bin (ca. 10 Zigaretten pro Tag, manchmal mehr), da jede Minute, auch in sechsstündigen Klausuren, kostbar ist. Und ich denke, dass "selbst" Raucher hier zu priorisieren in der Lage sind. Darüber hinaus ist man ja auch auf die Klausur konzentriert, sodass der Gedanke an die nächste Zigarette in einige Ferne rückt.
Demnach wäre ich kein Verfechter des Gedankens, die Zigaretten zu reglementieren, um bessere schulische Leistungen förmlich zu erzwingen, da ja weder ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht (und die Maßnahme so den Eindruck einer gewissen Beliebigkeit gewänne) noch wirklich förderlich sein wird, wie Moritz schon richtig sagte.

Der Umgang mit dem Rauchen in Alltagssituationen ist ein ganz anderes Themenfeld. Auf Familienfeiern usw., wo nicht jeder über die eigenen Rauchgewohnheiten Bescheid wissen muss, kann zumindest ich mich gut disziplinieren. Und weil Disziplin eine wichtige Tugend ist, bin ich der Meinung (auch wenn sie sicher ebenso anders vermittelt werden kann, doch nicht derart aus eigenem Antrieb), dass der pädagogische Effekt, den solche Alltagssituationen zweifellos entfalten, durchaus ein gewinnbringender ist.

Andererseits enthält das Rauchen auch eine nicht zu vernachlässigende soziale Komponente: So können soziale Kontakte aus meiner Erfahrung sehr viel einfacher bei einer gemeinsamer Zigarette geknüpft werden, auch weil der Personenkreis kleiner und die Grundstimmung damit entzerrter ist.

Aber ich denke, dass es auch eine sehr intrinsische Motivation jenseits des Sozialen usw. zu berücksichtigen gilt:
Es gibt eine sehr schöne Metapher Puschkins, die diesen "medizynischen" Terminus der Pubertät hervorragend ersetzt: "Die Zeit der melancholischen Träume und der mondenen Nächte." Mir scheint, dass sich das Rauchen in diesen Kontext der Angewiesenheit auf emotionale Diastole passend einfügt, denn der leichte Rauschzustand und das dabei zum Tragen kommende Glücksgefühl, sowohl in Gemeinschaft wie auch allein, bedeutet für mich eine Möglichkeit, die Barriere zwischen Reflexion und der Konnexion zum Gefühl ein Stück weit zu relativieren. Das mag abstrakt klingen und wird für Nichtraucher (wie auch für einige Raucher) schwierig nachzuvollziehen sein, gestaltet sich für mich aber so.
Liebe Grüße,
Max

@ Tom92

Wie du schon sagst, bei längeren Klausuren kann man mal rausgehen. Auf Flügen hat jeder von uns einfach eine Packung Nikotinkaugummis dabei und für andere Notsituationen gibt es ja noch die E-Zigarette. Nachdem man ja ohnehin nirgendwo in geschlossenen Räumen noch rauchen darf, ist die Gefahr, sensible Näschen anrüchig zu reizen... :) Also alles problemlos!
Wir hatten übrigens vorhin Familienrat zu viert: An die Zigaretten gehen wir nicht! Dafür werden wir, wenn es bis dahin keine 5 oder 6 mehr gibt, über Weihnachten nach Hawaii fliegen. Ist doch auch eine Perspektive, oder?

Moderator
@ Moritz

Hmmmm ..., und das funktioniert bei euren Jungs wirklich, das ohne Probleme am täglichen Leben voll und ganz teilzunehmen können? Wie das das denn, wenn sie z.B. in der Schule eine mehrstündige Klausur schreiben? Ich kenne da Leute, die haben das nicht ausgehalten und wurden dann total unkonzentriert und aggressiv. Die sind dann "zur Toilette" gegangen, um sich eine Zigarette rauchen zu können.
Auch bei längeren Fahrten mit der DB oder wenn man in den Urlaub fliegt, könnte das doch ein paar Problem geben. Ich hoffe doch, sie gehören dann nicht zu den Menschen, die trotz Rauchverbot dann z.B. auf der ICE Toilette rauchen, wie ich es in einigen ICE´s schon mitbekommen hatte.
Naja, das mit dem Genussmittel ist so eine Sache, da gibt es leider auch genug Leute, für die Alkohol oder sogar "härtere" Drogen ein Genussmittel sind.
Auch ob man Zigaretten wirklich mit Eis oder Schokolade vergleichen kann, glaube ich persönlich eher weniger. Eis und Schokolade schädigen/belästigen da eigentlich andere Leute, die sich gerade im gleichen Raum befinden eher seltener als Zigarettenrauch.

@ Tom92

Hallo Tom, zuerst vielen Dank für deine Antwort!
Unsere Jungs sind 15 und 17. Wir sind eine sehr offene Familie und haben, als wir gemerkt haben, dass unser ältester heimlich raucht, mit beiden geredet. Nachdem wir nichts davon halten, unseren Kindern zu verbieten, was wir selber gerne tun und auch der Meinung sind, dass beim Thema Rauchen sehr viel emotional aufgebauscht wird, haben wir beiden gesagt, dass es ihre Entscheidung ist, ob sie rauchen wollen oder nicht. Beide gehen zur Schule und verdienen noch kein eigenes Geld; da sind wir für ihren Lebensunterhalt verantwortlich und stellen selbstverständlich das, was sie brauchen. Von daher war das nie ein Thema, ob sie sich an den Zigaretten mit bedienen dürfen. Deshalb bin ich auch jetzt gegen den Vorschlag meiner Frau.
Natürlich sind sie "süchtig" nach Zigaretten. Das liegt in der Natur der Sache, aber ich finde es nicht so entscheidend, warum man raucht und sehe da nicht wirklich ein Problem. Rauchen beeinträchtigt nicht die Fähigkeit, am täglichen Leben voll und ganz teilzunehmen - im Gegesatz zu Alkohol und Drogen. Ich sehe das mehr wie ein Genussmittel, wie Schokolade oder Eis, und will die Jungs damit nicht unter Druck setzen.

Moderator
@ Moritz

Ich halte gar nichts davon und noch weniger halte ich davon, das ihr euren Kindern überhaupt Zigaretten gebt. Kindern und Jugendlichen sollte man keine Zigaretten geben.
Wie alt sind eurer Jungs denn überhaupt und wie kam es dazu, das ihr ihnen Zigaretten gebt?

Wie du ja schon gemerkt hast, sind eure Kinder süchtig, daher möchtest du ja eigentlich auch nicht, das sie auf "Entzug" in die Schule gehen müssen. Jetzt ist aber die Frage, wie kann man es den als Eltern überhaupt zulassen, das die Kinder Nikotin Süchtig werden und diese Sucht dann auch noch unterstützen, in dem man den Kindern erlaubt, sich das von eurem Zigarettenvorrat zu nehmen, was sie brauchen?
Ihr solltet eher versuchen, das eure Kinder und ihr am besten auch, mit dem Rauchen aufhört.

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