Wenn...
Wenn Zeichentrickfilme so wirken würden, wie ihnen nachgesagt wird, müssten wir Kinder der 80er eine Generation von psychopatischen Massenmördern und brutalen Schlägern sein. Tom&Jerry, Roadrunner und Co haben ja schließlich bewiesen: Es ist lustig, niedlich und ohne bleibende Konsequenzen, jemandem die Hand in den Toaster zu stecken, einen Amboss auf den Kopf zu werfen oder mit dem Vorschlaghammer eins überzubraten.
Ich gebe dir Recht in der Hinsicht: Das aktuelle RTL2-Programm ist mehr als fragwürdig.
Umgekehrt kann ich mich aber auch nur am Kopf kratzen, wie heute auf dem KiKa den jüngsten Kindern sinnlos babbelnde und wie besoffen rumtorkelnde Teletubbies und ähnliche sinn- und sprachfreie Sendungen vorgesetzt werden, wo früher noch Dr. Snuggles (der beste Grund, viel zu lernen, um später ein großer Erfinder zu werden), Hallo Spencer (niedlich und lustig - und bis auf Poldi's "Ich will dir fressen" frei von grammatikalischen Fehlern ;-)) und die Fraggles liefen.
Die Maus und die Sesamstraße gibt's ja zum Glück immer noch.
Was RTL2 da treibt, ist eigentlich ganz schlechtes Kino. Serien wie One Piece, Dragon Ball (in allen Varianten wie normal, Z oder GT) oder Naruto wurden in Japan für ein 16+ Publikum konzipiert. RTL2 schneidet die Serien so zurecht, dass sie geeignet fürs Kinderprogramm sind. Die Meisten sind darüber nicht glücklich: Die Eltern, weil's für die Kinder immer noch zu brutal ist und die 16+-Generation, also die eigentliche Zielgruppe, weil die Szenen durch die Schnitte teilweise völlig sinnentfremdet wurden und elementare Teile der Handlung teilweise gar komplett fehlen. Die einzigen, die es freut, sind die Kinder, die es gucken und die garnicht verstehen, warum alle Anderen da so einen Wirbel drum machen. Ob das gut ist für die Kinder? Na ja! Weltfremd im goldenen Käfig, abgeschirmt von allem, was irgendwie "böse" ist, sollte kein Kind aufwachsen. Die kommen "draußen" nicht mehr zurecht. Aber ihnen alles nach dem Motto "Zeichentrick ist für Kinder" vorzusetzen (in Japan gibt es auch 18+-Animes mit viel Gewalt und Sexualität - und von den bewusst nicht tagsüber gezeigten amerikanischen Serien Southpark und Family Guy käme ja auch niemand auf die Idee, das seinen Kinden zu zeigen) ist auch nicht richtig.
Aber hier wäre eigentlich die Medienkompetenz der Eltern gefragt. Der Fernseher ist kein Kinderparkplatz. Man sollte sich schon anschauen, was man seinen Kindern vorsetzt. Ist Dragon Ball zu brutal, sperrt man den Sender halt, kann heute jeder moderne Fernseher oder Set-Top-Box. Und falls alle Klassenkameraden drüber reden und das Kind unwissenderweise als Außenseiter darsteht (was teilweise schlimmere Konsequenzen für das Kind haben kann, als sich eine nicht ganz kindergeeignete Serie anzugucken) setzt man sich mit dem Kind zusammen vor den Fernseher und redet mit ihm nachher darüber. Solche Serien werden in vielen Ländern nicht umsonst statt mit einer schnöden Altersfreigabe (12, 16, ...) mit dem Label "PG" für "Parental Guidance" (enthält möglicherweise für Kinder nicht geeignete Szenen, für Kinder freigegeben, aber die Betreuung und Anwesenheit von Eltern wird empfohlen) versehen.