Hepatitis C: Outen oder nicht?

Hallo. Ich, 56 Jahre, bin selber nicht betroffen, aber mein Lebensgefährte, 54 Jahre, hat Hepatitis C, Genotyp 1 b. Die Diagnose erfolgte im Februar 2012. Seit einigen Wochen wird bei ihm die Interferon/Ribavirin-Therapie durchgeführt. Seine Virenlast ist ziemlich schnell gesunken und liegt jetzt nahezu bei Null. Der Arzt und auch wir sind von daher mit dem Behandlungsverlauf zufrieden. Allerdings geht es meinem Lebensgefährten z. Zt. echt bescheiden. Er hat oft Fieber (letztens bis zu 39, 8 °), er ist schlapp hat Gliederschmerzen und zu allem Übel sind jetzt Depressionen hinzugekommen. Dafür hat der Neurologe ihm ein Antidepressiva verschrieben, was Gott sei Dank ein wenig hilft. Er nimmt es noch nicht so lange, der Erfolg tritt bei Antidepressiva ja bekanntermaßen erst nach ca. 2 Wochen ein.

Was ich von Betroffenen gerne einmal wissen möchte, ist, wie diese bezüglich ihrer Hepatitis-Erkrankung mit den Verwandten und Freunden umgehen, was das Outen der Krankheit anbetrifft. Wir stehen da persönlich nämlich vor einem Problem:

Da wir wissen, dass die Mitmenschen leider ziemlich "allergisch" auf solche Nachrichten reagieren (ich würde sagen, ähnlich wie auf HIV), haben wir meinen Verwandten (mein Lebensgefährte hat keine mehr) erst einmal gar nichts gesagt. Nun sieht es aber so aus, dass, wie oben beschrieben, es nicht mehr zu übersehen ist, dass es meinem Lebensgefährten schlecht geht. Von daher haben wir erst einmal zu einer "Notlüge" gegriffen und meinen erwachsenen Kindern und deren Schwiegereltern, zu denen wir regen Kontakt haben, erzählt, er habe eine Bauchspeicheldrüsenentzündung und müsse starke Medikamente nehmen, die ihn so "umhauen". Aber wie das oft so ist, Lügen haben kurze Beine. Kein Mensch, glaubt auf Dauer, dass man so lange (die Therapie dauert ja ca. 48 Wochen) an einer Bauspeicheldrüsenentzündung leidet.

Wir fragen uns, war wir tun sollen:
Sollen wir mit der Wahrheit rausrücken oder nicht?

Meine Erfahrung mit den Menschen hat mir gezeigt, dass das in "die Hose" geht. Ich weiß, dass die Menschen nur aus Unwissenheit falsch reagieren. Aber trotzdem tut ihre Reaktion weh. Ich weiß genau, wenn wir jetzt sagen, dass mein Schatz an Hepatitis C leidet, eine Ansteckung aber nur über den Blutweg erfolgt und sie sich keine Sorgen machen müssen, sie zu erst Verständnis zeigen. Aber die kleinen Reaktionen, die dann folgen, werden uns zusätzlich das Leben zur Hölle machen:

Ich habe zwei Enkelkinder im Alter von 9 und 3 Jahren:
Wahrscheinlich werden diese, möglichst unauffällig, von meinem Lebensgefährten "weggezogen" wenn sie sich ihm nur nähern. Bei Einladungen von unserer Seite werden wahrscheinlich alle möglichen Ausreden erfunden und wir selber werden wahrscheinlich, wenn möglich, gar nicht mehr eingeladen.

Hat jemand Erfahrungen mit dem Outen der Erkrankung gemacht. Wir würden so gerne meinen Verwandten sagen, was wirklich los ist. Diese zusätzliche Belastung tut meinem Lebensgefährten nicht gut und mir natürlich auch nicht.

Ich wäre über Berichte diesbezüglich sehr dankbar.

Dorothea

Antworten (6)
Outen oder nicht.........

Hallo...... also ich habe nicht so viele schlechte Erfahrungen gemacht....... meinen Partnern habe ich es immer erzählt........ aus moralischen Gründen und damit diese sich auch selbst schützen können. Meine Familie und mein engster Freundeskreis weiß auch über meine Erkrankung bescheid....... und den Rest geht das nichts an. Hilfreich ist es beim outen eine Broschüre über Hepatitis C zu haben, in der der Virus beschrieben wird und auch die Ansteckungsgefahren erläutert werden. Ich denke um so offener darüber gesprochen wird, umso weniger haben die Menschen im Umfeld angst davor. Viele Menschen haben eine Erkrankung und aus angst vor stigmatisierung wird oft darüber geschwiegen........ aber ist das wirklich der richtige Weg........ daruf muss jeder seine eigene Antwort finden.
LG

So ist es....

Tja, , , , , so ist es aber leider. Überlegt euch gut wem ihr es sagt und wem nicht.
Ich habe lange als fotomodell gearbeitet und war dadurch auch in einer sehr oberflächlichen Welt zu gange, aber es muß ja nicht jeder wissen das in einem ein Virus wohnt;)
Meine Familie( Eltern) haben super reagiert und tun es noch.sie leiden mit mir, jedoch was den Rest angeht hab ich durch und durch schlechte Erfahrungen gemacht.in 14! Jahren.
Wer weiß?vielleicht hätte ich mehr Menschen die Chance dazu geben sollen, aber ich hsb mich nicht mehr gerraut.
Was deine eigene Familie anbelangt, bin ich mir fast sicher das sie zu euch stehn, aber auch wenn den Menschen gesagt wird oder es SCHWARZ AUF WEIß gestanden steht das diese Krankheit kaum und wenn nur durch blut übertragen werden kann, ist es leichter sich zurückzuziehn als Gefahr einzugehn.
Ich finde dich super!!!! Super wie du zu deinem Mann stehst! Es sollte viel mehr Menschen wie dich geben. Lg und viel Glück

Antwort zu "Outen oder nicht"

Hallo Rosie,

auch Dir lieben Dank für Deine Antwort.

Ich glaube Dir unbesehen, was Du da bezüglich Deiner Erfahrungen mit den Leuten, denen Du von Deiner Krankheit erzählt hast, schilderst. So kenne ich die Menschen. Wie ich schon schrieb, verstehe ich sie auch ein bisschen. Sie wissen einfach zu wenig über die Krankheit. Sie meinen wirklich, wenn sie aus deinem Glas trinken, würden sie sich anstecken etc.

Aber was ich den Leuten ankreide ist, dass sie nicht gewillt sind, sich zu informieren. Es ist anscheinend bequemer, jemanden zu meiden, als sich mal schlau zu machen. Dass ich mich nicht informieren will, wenn ich persönlich niemanden mit solch einer Krankheit kenne, ist ja noch zu verstehen, aber Verwandte z. B. sollten sich die Mühe doch machen, oder?

Ich wünsche Dir alles Gute
und einen guten Behandlungserfolg!

LG Dorothea

Outen oder nicht- gute Frage!!

Liebe Dorothea!!
Ich bin selbst seit 14 Jahren " betroffen" und hab sehr verschiedene Erfahrungen mit dem sogenannten outen gemacht.
Auch wenn sich jetzt manche ärgern, würde ich dazu raten nur dem nahen verwandtenkreis davon zu berichten. Bei mir weiß es nur meine Familie, d.h. Eltern, Bruder mit Familie. Sogar es meinen Bruder zu erzählen bereue ich heute sehr. Seine Frau hat meine nichten und Neffen ermahnt nie aus dem selben glas wie ich zu trinken usw....küssen der Kinder.danach undenkbar und SEHR UNERWÜNSCHT. Ich mache zur Zeit in der 12. Woche die selbe Therapie wie dein lebensgefährte und leider mache ich sämtliche am beipackzettel erwähnten Nebenwirkungen durch. Ich hab seit 2 Jahren einen lieben Freund, aber auch ihm habe und werde ich es nicht!sagen.
Ich will ihn nicht verlieren. Auch ich muß seit Monaten zu notlügen greifen. Im gesamten freundes und Bekanntenkreis.das ist nicht schön und sehr sehr schwer weil die Leute einen für eine memme oder hypochonda halten.mir dennoch lieber als als giftig angesehn zu werden ubd glaube mir- die Menschen können grausam sein.
Das sind meine persönlichen Erfahrungen., was du bzw ihr draus macht, bleibt gottseidank eh euch uberlassen. Wünsche euch alles gute mit der Therapie, viel Erfolg und Kraft
Liebe grÜße, rosie

Danke...

...Heidi für Deine nette Antwort.

Ich gebe Dir Recht: Habe mir auch schon überlegt, dass die Leute, die uns in dieser Situation alleine lassen, es wohl eh nicht wert sind, sich weiter mit ihnen zu befassen. Aber Theorie und Praxis ist ja immer was anderes, wie wir wissen. Wenn sich die Kinder abwenden (wenn es denn wirklich so kommen würde), das wäre schon schlimm für mich.

Ich denke, wir werden die Lage mal noch abwarten und ggf. "reinen Wein" einschenken.

Ich danke Dir nochmals recht herzlich für Deine Antwort
und wünsche Dir vor allem
einen positiven Therapieverlauf
und das alles gut wird für Dich!

Liebe Grüße
Dorothea

Outen oder nicht

Ich weiss auch erst seit februar 2012 das ich hcv und auch hämachromatose habe.Meinem Mann habe ich es natürlich erzählt, wäre auch nicht zu übersehen gewesen, da ich nur noch heulte.Meinen Kollegen und auch Freundschaften habe ich es auch erzählt, alle waren zwar geschockt, aber standen mir sofort zur Seite.Grosse Probleme hatte ich es meiner Tochter zu sagen, weil wir ein sehr inniges Verhältnis haben und ich sie nicht ängstigen wollte.Ich bin froh, das es alle wissen, da ich seit Ende Februar mit Interferon, Incivio und ribavirin behandelt werde und es mir damit nicht so gut geht.Da es aber alle wissen muss ich mich nicht immer rechtfertigen, wenns mir nicht gut geht, ich gaube das ist schon das outen wert.Wer es nicht versteht, den sollte man auch in Zukunft meiden, die tun nicht gut.Mal sehen ob mein schreiben ankommt, ist das erste mal das ich mich in ein Gespräch einschleiche. Alle liebe wünscht Heidi

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