Wenn ich lese, wie Uwe65527 schreibt
"Die medizinische Wissenschaft des 21. Jahrhunderts erlaubt es schon, bei einer eindeutigen Indikation eine sichere Prognose abzugeben. (...) Ratschläge, die das medizinische Urteil von Ärzten anzweifeln, die den Patienten selbst gesehen haben, sind in diesem Forum nicht angebracht."
wird mir Angst und Bange.
Es wird mir Angst und Bange, weil ich Wert darauf lege, dass sich Menschen auf eine Weise verständigen, die zu einer Einigung führt, die die Belange aller Beteiligten gleichermaßen berücksichtigt.
Und auf Renate81s Frage "Weiß jemand wie ich meinen kleinen doch überzeugt kriege sich helfen zu lassen?" kann ich antworten:
Ich weiß ein paar Wege, die die Wahrscheinlichkeit maximieren, dass Renate81s Sohn "Ja" zu der Beschneidung sagt.
Ich kenne diese Wege, habe sie selbst öfter angewandt, als mir lieb ist einzugestehen und wurde über diese Wege gewiss genauso oft dazu gebracht, etwas zu tun, das im Nachhinein niemandem gedient hat.
Diese Wege zielen darauf ab, sein Gegenüber über Angst oder Schuldgefühle zu motivieren.
Ein gutes Beispiel hierfür liefert Uwe65527, indem er schreibt:
"Ratschläge, die das medizinische Urteil von Ärzten anzweifeln, die den Patienten selbst gesehen haben, sind in diesem Forum nicht angebracht."
Als ich zum ersten Mal diesen Satz las, empfand ich eine Menge Angst und sah als Strafe dafür, dass ich meine Meinung geäußert habe, aus diesem Forum ausgeschlossen zu werden.
Jeder Mensch hat das Bedürfnis nach Zugehörigkeit. So dürfte die Andeutung, dass eine bestimmte Handlung oder deren Unterlassung zur Konsequenz hat, aus einer Gruppe ausgeschlossen zu werden, ein großes Überredungspotential haben.
Und ein Satz wie "Die medizinische Wissenschaft des 21. Jahrhunderts erlaubt es schon, bei einer eindeutigen Indikation eine sichere Prognose abzugeben." ist bei mir hervorragend geeignet, Schuld- und Schamgefühle zu triggern.
Ist darin nicht eindeutig zu hören, dass eigene Ansichten und eigene Überlegungen fehl am Platze sind, und dass die eigenen Bedürfnisse, die jemanden "Nein" oder "Moment mal." sagen lassen, nicht zählen angesichts dessen, was Autoritäten sagen?
Wer fragt schon danach, woher der Urheber des Satzes ("Die medizinische Wissenschaft des 21. Jahrhunderts ...") darüber Bescheid weiß, dass bei sämtlichen Malen, wo sämtliche Ärzte des Globus in den vergangenen zwanzig Jahren eine Prognose abgegeben haben, aber nicht entsprechend gehandelt worden ist, tatsächlich das eintrat, was prognostiziert worden war?
Ja, Angst, Schuld- und Schamgefühle sind mächtige Motivatoren.
Ich vermute, dass ein Mensch nur dann vom Versuch ablässt, über diese Gefühle auf sein Umfeld einzuwirken, wenn er ausreichend oft am eigenen Leib erfahren hat, wie schädlich diese Form der Motivation auf Dauer für ihn selbst und alle seine Beziehungen ist.
Um Renate81s Frage "Weiß jemand wie ich meinen kleinen doch überzeugt kriege sich helfen zu lassen?" noch einmal zu beantworten:
Ich weiß ein paar Wege, die die Wahrscheinlichkeit maximieren, dass eine Lösung gefunden wird, die die Belange aller Beteiligten gleichermaßen berücksichtigt.
Allerdings gehe ich davon aus, dass mein Licht nicht ausreicht, über das Medium dieses Forums einen dieser Wege anschaulich zu vermitteln, geschweige denn das Vertrauen zu schenken, es damit einmal zu probieren.
Ich kann hier nur beispielsweise auf Marshall B. Rosenberg verweisen, der einen Kommunikationsprozess entwickelt hat (von dem ich behaupte, dass ich ihn hin und wieder im Sinne des Erfinders anwende), der genau darauf abzielt:
Lösungen zu finden, die für alle passen.
Ich wäre dankbar, wenn ich hierüber beitragen konnte.
Alles Gute, Andreas