Hier muss was richtiggestellt werden
Au weia, der Thomasius schreibt hier aber einen ziemlichen Unsinn:
Er schreibt z. B. „Die Vorhaut soll nach alten Schriften eine Opfergabe an den allmächtigen Gott darstellen.“ – Da du in der Türkei beschnitten werden sollst, bist du offenbar Muslim – und der „allmächtige Gott“ der Muslime, Allah, hat keinerlei Forderungen zur Beschneidung aufgestellt! Nicht einmal sein Prophet Mohammed hat das getan – aber von diesem Religionsstifter wird berichtet, er sei „beschnitten geboren“ gewesen, weshalb einerseits dem Beschnittensein im Islam ein persönliches Nahekommen an das Ideal des Propheten nachgesagt wird. Andererseits gibt es im Koran allerhand Vorschriften, denen sich ein gläubiger Muslim unterwerfen sollte; dazu gehört das Schneiden der Nägel, des Bartes, der Achselhaare und: die Beschneidung der Vorhaut. Da das alles in einem Zusammenhang im Koran steht, liegt nahe, dass die Beschneidung im Islam eine religiöse Pflicht ist, die etwas mit Reinlichkeit zutun hat. Jedenfalls keineswegs etwas mit einer „Opfergabe an den allmächtigen Gott“! Selbst im Judentum, in dem die Jungen bereits am achten Lebenstag beschnitten werden (so ist Vorschrift der Torah, der jüdischen Bibel), ist es keine „Opfergabe“; es ist dort vielmehr das Zeichen des Bundes des Gottes Jahwe, das er dem Stammvater Abram für sich und seine Nachkommen (das Volk Israel) aufgab, den er daraufhin in „Abraham“ umbenannte. Dieser Abraham ist wiederum auch für die Muslime ein sehr wichtiger Prophet! So schließen sich die Kreise – und trotzdem zählen die Juden, die wegen dieser Geschichte eigentlich den Muslimen doch ziemlich nahe sind, bei den sehr konservativen Muslimen (und vor allem bei den Islamisten) zu den „Ungläubigen“.
Womit wir bei einer weiteren Verquirltheit von Thomasius wären - er schreibt:
„Genaugenommen haben sich die alten "Religionsväter" diese "Markierung" ausgedacht, damit jeder erkennen kann, welcher Religion der Geschlechtspartner angehört. - "Kein Sex mit Ungläubigen"-, ist dann leichter zu kontrollieren.“ – Das ist nun ebenfalls großer Unsinn, denn für die konservativen Muslimen zählen die beschnittenen Juden ebenso zu den „Ungläubigen“, wie auch die Millionen beschnittenen US-Amerikaner, die zu großen Teilen erzkonservativen christlichen Kirchen angehören – sogenannten Evangelikalen, die teilweise die jüdischen Vorschriften des Alten Testaments (was Teil der christlichen Bibel ist und zugleich die Heilige Schrift der Juden) ebenso wortwörtlich nehmen wie die Worte Jesu Christi – und die deshalb ihre Jungen bechneiden lassen! (Insgesamt sind noch immer über die Hälfte aller Jungen und Männer in den USA beschnitten!). Es gibt dann auch noch andere Christen, z. B. die Kopten, die ihre Jungen auch beschneiden. All das sind jeweils andere Religionen – die aber alle beschnittene Jungen und Männer haben! Wo bleibt da die zur Unterscheidung dienende „Markierung“, von der Thomasius schreibt??
Dann schreibt Thomasius: „Diese "Beschneidung" ist aber ein Eingriff in die Unversehrtheit eines Kindes und ist neuerdings in Deutschland verboten.“ – Letzteres ist absolut falsch! Am 12.12.2012 wurde in Deutschland ein zusätzlicher Paragraph des „Bürgerlichen Gesetzbuches“ (§1631d) durch den Deutschen Bundestag in Kraft gesetzt, der die Beschneidung ausdrücklich erlaubt!
Schließlich schriebt Thomasius noch: „In der Türkei darf aber jeder Mann die Penise beschneiden und zudem ist die "Verstümmelung" ein großes Gaudium mit viel Musik und noch mehr Zuschauern, die sich an der Angst der Knaben ergötzen.“ – Das ist ebenfalls größter Unsinn! In der Türkei werden die allermeisten Beschneidungen von Ärzten durchgeführt! Und die wenigen anderen sind durchaus medizinisch erfahrene Beschneider – die auch einer entsprechenden Kontrolle unterstehen! Und das Beschneidungsfest ist Ausdruck der Freude – darüber, dass der Junge (oder die Jungen, da meistens mehrere beschnitten werden) zum Mann wird – und durch die Beschneidung die Möglichkeit erhält, nach Mekka zu reisen und andere religiöse Pflichten zu erfüllen, die er als Unbeschnittener nicht ausführen darf. Es „ergötzt“ sich da niemand an der Angst – aber alle freuen sich für die Jungen, dass sie nun vollwertige Mitglieder der Religionsgemeinschaft werden.
In einem hat Thomasius Recht (ich hab seinen Text mal „richtig“ geschrieben):
„Du könntest die Reise in die Türkei verweigern, und das Prozedere hinausschieben, bis du volljährig bist. Dann kannst du selbst bestimmen, welches Aussehen der Penis haben soll.“ – Falls Du den Mut dazu hast, das deinen Eltern so zu sagen, solltest du es tun. Aber nur, wenn du es wirklich willst. Denn im Islam ist es keineswegs so, dass man das nicht auch noch später machen (lassen) kann; es hat keine Auswirkung auf dein „Muslim-Sein“; nur dass du erst später nach Mekka fahren könntest …
Nun aber noch zu deinen Fragen:
Ich wurde als Zehnjähriger beschnitten. Die OP wurde in einer Arztpraxis gemacht. Sie ging sehr schnell, ich habe kaum bemerkt, dass da überhaupt „rumgefummelt“ wurde. Ich hatte vorher eine Beruhigungsspritze bekommen und war ein wenig „benebelt“. Dann habe ich zwei Spritzen in die Peniswurzel bekommen, wovon ich kaum etwas merkte, nur zwei kurze Stiche, kaum zu spüren. Danach ging es sehr schnell und ich konnte nach gefühlten 10 Minuten wieder aufstehen und mich anziehen. Mein Penis war da „gut verpackt“ in einem weißen Verband, nur die Eichelspitze schaute raus. Schmerzen hatte ich überhaupt keine während der OP, denn es war ja alles betäubt. Auch danach hatte ich nur sehr wenig Schmerzen – und zwar nur in den ersten zwei oder drei Nächten, wenn ich eine Erektion bekam. Es war mir bei der OP überhaupt nichts peinlich; außer dem Arzt war eine Schwester da. Ich bin übrigens Christ – mit ein wenig jüdischen Wurzeln.