Hypochondrie bestlimmt den Alltag
Da ich mich gerade wieder in einem Tief befinde, nutze ich dieses Forum nun auch mal um mir etwas von der Seele zu schreiben, was mich nun seit ca. 3 Jahren belastet und sich bei mir schubweise äußert.
Vor allem während dieser Schübe würde ich mich mittlerweile als klassischen Hypochonder bezeichnen - wie bei vielen dreht es sich fast ausschließlich um eine mögliche Krebserkrankung.
Kurz zu mir: 30 Jahre, männlich, seit ca. 4 Jahren Nichtraucher (vorher einige Jahre ca. 5 Zigaretten am Tag), Alkohol nur gelegentlich, beruflich derzeit mitten im Masterstudium (MBA).
Der Auslöser für meine Ängste ist für mich nach wie vor eher schleierhaft. Ich hatte zum Glück noch keine schweren Krankheiten in meinem näheren Umfeld mitzuerleben und ich selbst war auch nie ernsthafter krank. Ich vermute allerdings, dass es etwas mit Verlustängsten zu tun haben kann, da ich eben vor knapp 4 Jahren meine jetzige Frau kennengelernt habe, wir sehr glücklich sind und ich latent Angst habe, dass etwas schlimmes dies nun torpedieren könnte. Vor unserer Beziehung war ich sehr lang Single und habe auf meine Traumfrau gewartet. Krankheitsängste kannte ich da aber eigentlich nicht.
Meine Hypochondrie-Symptome sind wie gesagt relativ klassich: Litt ich z.B. mal an einem Harnwegsinfekt, war für mich zunächst Blasen- und Prostatakrebs am wahrscheinlichsten. Habe schon seit der Kindheit tastbare Lymphknoten am Hals - schwellen diese mal an ist es Hodgkin (Lymphdrüstenkrebs). An was ich bei Sodbrennen oder Magendrücken denke, kann sich dann jeder ausrechnen. Ganz aktuell habe ich immer mal wieder eine schmerzende Stelle am Rachen und Google liefert da natürlich Mundhölen- und Zungenkreibs als mögliche Ursache.
Eben diese Internet-Suchmaschine ist auch ein weiteres Übel, das meine Ängste verstärkt und oftmals überhaupt erst auslöst. Bin definitiv auch ein Cyberchonder geworden, der sich problemlos mehrere Stunden durch das Internet auf dem Weg nach Diagnosen wühlen kann. Besonders ausgeprägt ist diese Unart z.B. aktuell, in der Prüfungsphase meines Semesters, wo man viele Stunden im stillen Kämmerlein verbringt, während die Frau ganztätig in der Arbeit ist. Das das natürlich auch nicht förderlich fürs Lernen ist, versteht sich von selbst, wenn man sich im Internet verliert und sich die Gedanken ständig um die Krankheiten drehen.
Ein weiteres Problem sind auch gewisse Zwänge, z.B. nach dieser Suche im Internet, aber auch was das Abtasten bei Symptomen betrifft. Das es natürlich nicht förderlich ist, z.B. bei Entzündungen ständig an dem betroffenen Gebiet herumzudrücken, wäre mich eigentlich klar, aber oft kann ich nicht anders....
Als letzten Punkt möchte ich dann noch das gelegentliche Arzthopping anführen. Leider kann ich ab einem gewissen Punkt meiner Recherche über eine Krankheit nicht anders als diese dann ärztlich abklären zu lassen und das am besten sofort. Da kann das Telefonbuch auf der Suche nach einem Arzt, zu dem man noch am selben Nachmittag kommen kann, schonmal kurz durchtelefoniert werden.
Eine ärztliche Entwarnung hält aber oft nicht sehr lange an, denn z.B. hat man im Internet ja Fälle gelesen, wo zunächst drei Ärzte den Tumor nicht entdeckt hatten. Könnte das bei mir auch so sein und hat der Arzt überhaupt richtig gekuckt? Es gab leider schon Wochen in denen ich 3-4x bei verschiedenen Ärzten war um einigermaßen beruhigt zu sein.
Das das natürlich auch Kosten auslöst und meine private Krankenversicherung nun auch schon mal kritisch nachfrägt, kann man sich denken.
Alles in allem bin ich mir meines Problems aber ziemlich bewusst und ich habe auch vor ca. einem Jahr 5 Therapiesitzungen absolviert, die zwar etwas geholfen haben, der Psychologe aber irgendwie mit dem Thema nicht so viel anfangen konnte. War halt eher eine klassische Angst-Bewältigungs-Therapie, die aber nicht unbedingt sehr auf die Hypochondrie ausgerichtet war.
Ich merke einfach diese Schübe, die z.B. zu Lernzeiten auftreten und die dadurch natürlich auch mein berufliches Vorankommen beeinflussen. In solchen Zeiten bestimmt die Hypochondrie meinen Alltag, während es z.B. in unbeschwärten Urlaubszeiten mit vielen Unternehmungen deutlich weniger ausgeprägt ist.
So, ich hoffe ich habe mit meinen Ausführungen jetzt nicht gelangweilt und ich würde mich freuen wenn ich ein wenig Feedback bekomme.
VG, Andi