Ich habe schon als Kind an Krämpfen gelitten, immer wenn es kalt war und wurde.
Ich war sehr sportlich und ich liebte schwimmen. Jeden Sommer war ich im Schwimmbad.
Doch das Becken war nicht geheizt.
Da entdeckte ich beim tauchen und wenn das Wasser nur so 18 Grad war, dass ich, wenn ich im Wasser schwamm und tauchte, plötzlich wahnsinnige Wadenkrämpfe und/oder am Zeh und an den Händen bekam, beinahe absaufte und raus mußte und dann nur noch am Beckenrand wie blöde auf und ab raste.
Teilweise bogen sich meine Zehen abnorm nach oben ab, was am schlimmsten weh tat.
Wenn es kalt war im Winter brauchte ich eine Menge Wollsachen. Hatte ich im überheizten Wohnzimmer nur ein T-Shirt an und einer hat das Fenster aufgemacht zum lüften, find ich an am Bauch, am Hals und noch schlimmer im Herzraum krämpfe zu haben.
Das war super schmerzhaft.
Je älter ich wurde, desto schmerzhafter waren meine Krämpfe.
Es wurde besser, wenn ich Wasser trank. Ich stellte fest, ich bräuchte mindestens 3 Liter Wasser pro Tag, um einigermaßen krampffrei durch den Tag zu kommen.
Vergaß ich einmal das trinken oder trank nur ein-zwei Liter, weil ich verreiste und/oder zu Besuch war, bezahlte ich das mit nächtelangen Krämpfen überall.
Jetzt bin ich 50 Jahre alt und ich habe das Gefühl gehabt, mein Körper führt Krieg gegen mich.
Mitten beim einkaufen, Krämpfe, obwohl ich genug trinke und vernünftig esse.
Magnesium, Kalium, alles super toll im Blutbild.
Bis ich zu diesem Diagnosedoktor nach Mannheim kam, für seltene Krankheiten.
Ich habe das durchgekämpft mit der Krankenkasse.
Die Zusatzversicherung wollte das nicht bezahlen.
Die Diagnose hatte mich umgehauen:
ich habe eine seltene Stoffwechselkrankheit, die Menschen in bestimmten Teilen von Afrika aufweisen.
Vererblich.
U.A. in Namibia.
Diese führt, wenn nicht behandelt, spätestens mit 60 Jahren zum Tod.
Man nennt diese Krankheit dort unten, den Familienfluch. Man glaubte bis teilweise in die 90er Jahre, über diesen Familien liege ein Fluch, weil auch die Kinder geschädigt zur Welt kamen.
Ich habe keine Kinder. Konnte nie welche haben. Alles Fehlgeburten. Jetzt weiß ich warum.
Meine Eltern habe ich damit konfrontiert, die erklärten, ich sei aus der Familie aber meine Mutter war gar nicht meine Mutter.
Ich bin die Tochter meiner leiblichen Cousine, die in einer Band spielte und schwanger wurde, als sie verlobt war, mit dem Gitaristen.
Sie wollte das Kind abtreiben.
Meine Mutter konnte keine Kinder bekommen.
Da hatte die Schwägerin meiner Cousine, die war Hebamme, die glorreiche Idee, mich in meine Jetztmutter zu verpflanzen und zu sehen, ob ich da wachsen würde.
Machte ich prompt. Biologie und Evolution ist einfach grandios oder?
Ich war ein Wunder.
Ich hatte dunkelrote Haare, extrem lichtempflindlich, fast weiße Haut, türkisfarbene Augen und war extrem lichtempflindlich.
Auf gut deutsch, ich weiß jetzt, ich war eine Albinofrau.
Im Grunde genommen bin ich eine Mulattin. Erblich gesehen.
Ich bekomme spezielle Medikamente und Spritzen aus den USA, dort kennt man das häufiger, auch in Großbritannien leben eine Menge Menschen damit.
In Deutschland leben unerkannt sehr viele wie ich, die auch Krämpfe haben und früh sterben und sich wundern, dass sie im Alter ziemlich dicke Hintern bekommen, mehr Haare auf dem Kopf, die extrem trocken sind und die Augen immer schlechter werden.
Das Erbe der namibischen Kolonialzeit.
Bei mir kam einfach alles zusammen.
Ich entdeckte, dass mein Urgroßvater eine weiße Afrikanerin aus Namibia aus der Kolonialzeit mit nach Hause brachte.
Meine Cousine ist meine Patentante, offiziell. Sie wohnt nicht in Deutschland.
Sie ist ausgewandert.
Ich bin so sauer auf die ganze Truppe.
Ich wäre beinahe krepiert, weil die nix sagen wollten.
Meine Patentante, zu der ich immer einen besonderen Draht hatte, erklärte mir unter Tränen, sie habe niemals Kinder haben wollen.
Mein Patenonkel, also der Gitarist, ist inzwischen gestorben.
Jetzt, wo alles raus ist, will meine leibliche Mutter, dass ich gefälligst zu ihr komme, weil sie jetzt alleine ist und Hilfe braucht.
Ich bin Krankenschwester.
Ich habe niemals Kinder haben können. Und meine Mutter und meine echte Mutter, alle wußten Bescheid.
Ich habe niemals zu dieser Familie richtig dazu gehört.
Immer gab es diese Bemerkungen.
Nie konnte ich was recht machen.
Naja, schwamm drüber.
Was ich sagen wollte, es muß nicht sein, aber so ist das eben.
Seit ich die richtigen Medikamente regelmäßig einnehme, habe ich kein Wasser mehr eingelagert, habe ich 30 kg abekommen, meine Zellen verjüngen sich, ich bin gesunder geworden und fitter und meine Krämpfe sind weg.
Mein Herzmuskel hat gelitten, aber im Moment ist alles im Griff.
Ich weiß, das hilft nicht, aber manches Mal hilft Chemie das Überleben zu sichern.
Ich wäre sonst wahrscheinlich gestorben.
Danke fürs Zuhören.