Zur Bewertung der Selbstbefriedigung durch Kirchen und Wissenschaften
Die meisten Jugendlichen und Erwachsenen machen Selbstbefriedigung (Masturbation), wie zahlreiche Studien und Umfragen beweisen. Es wurden durchschnittliche Verbreitungszahlen von 95% der Männer und 75% der Frauen ermittelt.
Die Bewertung der Selbstbefriedigung durch die christlichen Kirchen ist nicht einheitlich. Für die evangelisch-lutherische und die neuapostolische Kirche ist die SB keine Sünde, anders bei der römisch-katholischen Kirche. Sie sieht in der Selbstbefriedigung eine "absichtliche Erregung der Geschlechtsorgane, mit dem Ziel, geschlechtliche Lust hervorzurufen", wie auch jeglichen freiwilligen, außerehelichen "Gebrauch der Geschlechtskraft", eine "in sich schwere ordnungswidrige Handlung". Allerdings werden in der Seelsorge Faktoren wie "affektive Unreife, die Macht eingefleischter Gewohnheiten, Angstzustände und weitere psychische oder gesellschaftliche Faktoren" berücksichtigt, "welche die moralische Schuld vermindern oder sogar auf ein Minimum beschränken können." (Katechismus der Katholischen Kirche, KKK, Nr. 2352).
Diese unnatürliche Einstellung der Kirchen wirkte sich Jahrtausende lang auf die Menschheit aus und ist heute nicht nur auf die römisch-katholische Kirche beschränkt, sondern besonders evangelikale >>Kirchen und fundamentalistische christliche Gemeinschaften, aber auch Sondergruppierungen wie z.B. die Mormonen, sind diesem Leitbild verfallen. Man versucht besonders jungen Menschen Schuldgefühle einzureden, wenn sie masturbieren. Das Leitbild dieser "Christen" ist der bis zur Ehe absolut keusch lebende Mensch, danach aber wird von demselben Gläubigen in der Ehe erwartet, dass die ehelichen "Pflichten" erfüllt werden.
Lange Zeit führte die römisch-katholische Kirche die alttestamentarische Onan-Geschichte (1. Mose 38, 1-10) als "Beweis" für ihre sündhafte Bewertung der SB an. Jedoch vollzog Onan gar keine SB, sondern Coitus interruptus, also Empfängnisverhütung. Er wollte seinem verstorbenen Bruder und dessen Witwe keine Nachkommen hinterlassen und verstieß damit gegen die jüdische Sitte und das Gebot Gottes. Für seinen Ungehorsam wurde er von Gott mit dem Tode bestraft.
Drei Jahrhunderte lang wurde die SB durch Mediziner, Pädagogen, Philosophen und Kirchenväter unterdrückt. Zahlreiche Krankheiten sollte die Masturbation hervorrufen: Akne, Gehirnerweichung, Rückenmarksschwund und Tuberkulose gehörten dazu.
Nach Erkenntnissen der heutigen Medizin, Psychologie und Sexualwissenschaft ist SB eine eigenständige und wertvolle Form der Sexualität. Der Sexualtrieb ist uns Menschen angeboren und wir behalten ihn ein Leben lang. Er ist nicht auf den ehelichen Geschlechtsverkehr beschränkt! Schon Embryos im Mutterleib berühren ihre Geschlechtsteile. Das beweisen Ultraschallaufnahmen. Für Jugendliche ist SB willkommene Triebabfuhr und Einüben ihrer Sexualität. Erwachsene können durch SB ihr Sexualleben bereichern, und für viele, vor allem Frauen, ist sie ein gutes Orgasmustraining. Sexualtherapeuten verordnen SB gegen Orgasmusprobleme und vorzeitigen Samenerguss. Nach einer australischen Studie aus dem Jahre 2003 senken fünf Ejakulationen in der Woche das Prostatakrebsrisiko von Männern um ein Drittel.