Glückliche Mutter trotz Behinderung
Hallo zusammen
Endlich habe ich Zeit zum Schreiben gefunden! Mutter zu sein ist nicht leicht, aber ohne Beine ist es noch ein Stückchen schwerer. Ich hoffe nach wie vor, dass ich meiner Tochter eine vollwertige Mutter sein kann und sie nicht allzu oft darunter leiden muss das ihre Mutter keine Beine mehr hat. Ich bin mir bewusst, dass ich sie wegen meinen Beinstümpfe nicht immer dorthin begleiten kann wie es gesunde Mütter tun können. Auch die Diskussion ob behinderte Frauen Kinder haben sollen wird mich noch eine Weile begleiten. Wie auch das Tragen von kurzen Röcken! Viele nicht behinderte haben immer noch grosse Vorurteile gegenüber behinderten Frauen und glauben uns sagen zu müssen wie wir uns zu verhalten haben. Ich denke wir tragen auch Mitschuld an diesem Umstand! Zeigen wir ihnen unsere Stümpfe, unsere Hightech Prothesen! Sprechen wir die Leute an! Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es Leute gibt die mich anstarren, weil sie Mitleid haben, aber auch weil sie mich bewundern gerade weil meine Stümpfe unterm Rocksaum hervorgucken. Heute erhalte ich vorwiegend positive Feedbacks und wenn sie mal negativ sind, ist das mir schei… egal. Dass war aber nicht immer so. Auch ich habe mich von einzelnen negativen aussagen beeinflussen lassen die bei mir sogar einen vorübergehenden komplex und eine damit verbundene Öffentlichkeitsscheu entstehen liessen. Mein Mann hatte damals immer wieder zu mir gesagt «Stark sein ist angesagt! Die Blicke der anderen Leute darf dir nichts ausmachen! » Ich denke schlussendlich kann man sich, dass nur selbst wieder abgewöhnen, genauso wie das Rauchen! Komische, überraschte oder fragende Blicke wird es immer wieder geben, wirklich unangenehm sind sie für mich aber nicht mehr. Manche Fragen auch einfach, was passiert ist. «Ich hatte einen Autounfall», ist dann meine Antwort mit der sich manche zufriedengeben, manchmal fragen sie auch weiter. Besonders Kinder sind da manchmal sehr hartnäckig, was dann einigen Eltern unangenehm ist. Ich habe absolut kein Problem mehr damit. Im Gegenteil, ich begrüsse es wenn Kinder, Teenies aber auch erwachsene die Courage haben auf mich zu zugehen und mir Fragen zu stellen und sich mit dem Thema Behinderung auseinandersetzten. Ich kann mich noch sehr gut, als wäre es gestern gewesen, an meine erste Begegnung mit einem behinderten Menschen erinnern. In der Schule hatte eine schwerstbehinderte Frau einen Vortrag. Ihr mussten infolge einer schweren Infektionskrankheit beide Arme und ein Bein am Oberschenkel amputiert wurden. Sie trug einen Knielangen Jeansrock und ein T-Shirt. Unter ihrem Rock sah man ein Bein das in einem schwarzen Strumpf steckte und ein Metallrohr mit einem Gummistopfen am Ende des Rohrs. Sie nannte es Stelzbein, ein einfacher, günstiger und sicherer Beinersatz. Als Armersatz trug sie zwei Armprothesen mit zwei Hacken als Greiff- und halte mittel. Als sie sehr schwungvoll mit einer kleinen kreisbewegen nach aussen ihr Stelzbein immer wieder vor ihr gesundes stellte und so vor der Klasse hin und her lief, mit ihren Hacken Händen gestikulierend, hatte ich als erstes schon auch Erbarmen mit dieser frau! Es war schon sehr eindrücklich was sie alles mit ihren Hacken machen konnte. Als ich dann bemerkte wie glücklich, ja vielleicht sogar glücklicher als manch gesunde Mensch, viel mir ein grosser Stein vom Herzen. Es hat einen bleibenden Eindruck in mir hinterlassen und niemand hätte damals erahnt, dass nur wenige Jahre später auch ich gelegentlich ein solches Stelzbein an einen meiner Stümpfe anschliessen werde. Heute sehe ich immer wieder diese Frau vor mir und ich bin geneigt zu sagen das möchte ich auch tun. Vorträge halten und dadurch den Menschen zeigen, dass man auch ohne Beine ein glückliches Leben führen kann und dass Menschen mit fehlenden Beinen oder Armen genauso zur Gesellschaft gehören. Ja, so etwas würde mich schon reizen. Aber leider fehlt mir im Moment die Zeit.
@Christiane
Vielen Dank für dein Daumen drücken und deine Glückwünsche zur Geburt unserer Tochter. Sie ist mein/unser ganzer Stolz! Ich bin sehr glücklich mit meiner Mutterrolle. Mutterglück ist eine phantastische Sache. Ob mit oder ohne Beine. Nächste Woche ist sie schon ein halbes Jahr bei uns! Vor meinem Unfall hatten mein Mann und ich uns 2-3 Kinder gewünscht. Nun denke ich 3 sind für eine im Rollstuhl sitzende Mutter zu viel. Wir haben uns die Entscheidung ein Kind zu bekommen nicht leichtgemacht. In unzähligen schlaflosen Nächten habe ich mir Gedanken gemacht wie es wohl sein wird wenn die Kinder älter werden, Dinge tun wollen die ich mit Prothesen oder mit Rollstuhl nicht machen kann! Werden sie in ihrer Kindheit einen Nachteil haben, weil ihre Mutter keine Beine hat! Wie haben deine Kinder es verarbeitet als sie realisierten, dass du keine beine hast? Habe versucht mich im Internet schlau zu machen. Habe dazu auf gutefrage.net eine Umfrage gestartet! Die antworten vielen zwar bescheiden aber auch etwas hitzig aus. Und trotzdem war eine dabei die meine Entscheidung beeinflusste. Die Aussage «Zur Kindererziehung und Betreuung sind deine Beine nicht notwendig» hatte sich in mir festgesetzt. Und nun hat sich der liebe Gott mit mir versöhnt und mir eine gesunde Tochter geschenkt. Dafür bin ich sehr dankbar. Es ist so wunderschön mit meiner Tochter an der Brust (in einer Babytrage) durch unser Dorf zu rollen! Dank dem e-motion Zusatzantrieb in den Rädern meines Rollstuhls und zwei zusätzlichen kipp Bügel bin ich in der Lage auch grössere Steigungen, längere Strecken ja sogar bergab sicher zu bewältigen. Ein unbeschreibliches Glücksgefühl schiesst dann durch meinen Körper und lässt mich vergessen, dass ich keine beine mehr habe! Es entschädigt mich für viele Dinge die ich in den vergangenen 3 Jahren durchmachen musste. Ich bin mir auch bewusst, dass noch sehr viel Arbeit und einige Probleme auf mich zukommen werden. Probleme sind aber da um sie zu lösen!
Liebe Christiane, ich bin erleichtert und es freut mich zu lesen, dass du deine Stümpfe als einen Teil von dir siehst und sie voll und ganz akzeptieren kannst. Darf ich dich fragen wie alt du bist und wie hoch deine Amputation ist! Warum und wieso du amputiert bist! Bist du immer mit Prothesen unterwegs oder hast du auch einen Rollstuhl? Wenn du, wie du schreibst auch mal einen Rock trägst, trägst du dann eine Strumpfhose oder sind deine Stümpfe nackt zu sehen? Mein Mann liebte es, wenn ich einen Rock und Strümpfe trage! Unter uns gesagt, mag ich das Gefühl der Nylons auch an meinen Stümpfen. Ganz besonders mag er es, wenn ich zuhause ohne Rock, nur mit einer Strumpfhose bekleidet im Rollstuhl herum fahre oder mit dem «Handwalking», also auf Händen und Po unterwegs bin. Dann dauert es meistens nicht sehr lange bis er meine Stümpfe massiert. Das kann bei ihm schon das eine oder andere bewirken! Da kann ich dir nur beipflichten.
Du hast geschrieben, dass es im Bett auch interessante Stellungen gibt bei denen Frau keine Beine braucht und trotzdem beide Spass haben. Wie ich schon erwähnt habe leidet unser Sexualleben schon stark wegen meiner Behinderung. Ich kann beim Sex einfach nicht richtig abschalten und verhindere so oft die Initiative meines Mannes mal was Neues zu versuchen. Vielleicht möchtest du mir mehr über diese «Interessanten Stellungen» erzählen bei denen es die Beine nicht braucht.
Liebe Christiane, vielleicht möchtest du mir persönlich schreiben. Auf gutefrage.net kann man sich auch private Nachrichten schreiben. Ich habe dort das gleiche Pseudonym wie hier!
Ich würde mich auch über persönliche Nachrichten von den beiden anderen betroffenen Frauen freuen. Wie erwähnt auf gutefrage.net ist das möglich!
So nun muss ich schnell Schluss machen. Mein Mann ist gerade mit der kleinen vom Spazieren zurückgekehrt. Die Kleine hat sicher Hunger und braucht ihr Mami!
Wünsche allen eine schöne Zeit! Machen wir gemeinsam anderen betroffen Frauen Mut sich so zu kleiden wie sie es sich gewohnt sind! «Stark sein ist angesagt! Die Blicke der anderen Leute darf uns nichts ausmachen!» Ich hoffe wir hören voneinander. Tschüss und bis bald!
LG Gabi