Es gibt zu dieser Thematik einen sehr luziden, kurzen Aufsatz von Sigmund Freud: "Über die allgemeinste Erniedrigung des Liebenslebens", den man leicht online lesen und auch ohne psychoanalytische Vorbildung verstehen kann - die Bedeutung des "Ödipus-Konflikts" kann man ja evtl. auch zB bei dem entsprechenden Stichwort bei Wiki nachlesen.
Fast alle Menschen erleben am Ende ihrer Kindheit - 4. - 7. Lebensjahr - den Ödipus-Konflikt: das Kind entwickelt ein starkes sexuelles Begehren auf den gegengeschlechtlichen Elter und wird zurückgewiesen. Gleichzeitig wird der gleichgeschlechtliche Elter, dessen Stelle das Kind einnehmen wollte, als "obsiegender Aggressor" wahrgenommen. Das ist für die Entwicklung des Kindes zum erwachsenen Menschen zwar höchst wichtig, aber hier "off topic". Wesentlich ist, daß durch das Unterliegen im "Ödipus-Konflikt" die "Inzest-Schranke" überhaupt erst errichtet wird: Sex mit dem Elter ist verboten. Diese Schranke hat ihren Platz im Unbewußten, äussert sich durch Gefühle: jähe Abscheu, igittigitt.
Es ist aber auch so, daß heterosexuelle Verliebtheit - die statistisch gesehen normale Vorraussetzung einer heterosexuellen Beziehung - genau dadurch entsteht, daß man in das "Objekt der Begierde" ein idealisiertes Erinnerungsbild des gegengeschlechtlichen Elters aus dem Ödipus-Konflikt projiziert. Der Anlaß dieser Projektion ist sehr zufällig: Haarfarbe, Körpergestalt, gewisse Ähnlichkeiten im Habitus können ausreichen.
Die so entstehende Liebesbeziehung leidet aber darunter, daß durch diese Projektion des gegengeschlechtlichen Elters aus den gegengeschlechtlichen Beziehungs- und Sexualpartner auch die Inzestschranke ein Stückweit wieder heruntergeht, was den Sex mit dem Beziehungspartner erschwert, in nicht wenigen Fällen sogar total unmöglich macht. Männer erweisen sich beim Sex mit ihrer Partnerin als impotent - Frauen als frigide. Aber bei autoerotischer Sexualität haben sie überhaupt keine Probleme, im Gegenteil und beim "Fremdgehen" können die von der "Inzestschranke" Beplagten dann doch noch volle sexuelle Befriedigung erreichen.
Es ist paradox: gerade die emotional erfüllende, warmherzige, auch rational partnerschaftlich gut funktionierende Beziehung steht einer erfüllenden Sexualität innerhalb dieser Beziehung gerade aus dem Grund entgegen: weil sie emotional so tief ist.
Freud schreibt in dem o.g. Artikel, die normale Lösung ist das "fremdgehen", idealerweise mit einem ebenfalls fremdgehenden "Affairenpartner". Diese "Affairenpartnerschaften" stellen die "Hauptbeziehungen" keineswegs infrage, im Gegenteil: die Hauptbeziehungen werden dadurch stabilisiert. Die in der Hauptbeziehung durch die Inzestschranke unmöglich gewordene sexuelle Befriedigung wird durch die unmoralische Affaire ermöglicht, in der wegen ihrer Amoralität die Inzestschranke gerade nicht heruntergeht: weil die Affaire unmoralisch, schmutzig und schlecht ist, findet keine Projektion des gegengeschlechtlichen Elters aus dem Ödipus-Konflikt statt. Die Affairenpartner empfinden ihres Fremdgehens wegen massive Schuldgefühle gegenüber ihren Hauptpartnern und werden aus diesem Grund zu enorm willfährigen Beziehungspartnern, die ihren "betrogenen" Partnern jeden Wunsch von den Augen ablesen und erfüllen. Es herrscht in den Hauptbeziehungen daher oft vollste Harmonie - wenn man von allenfalls als Pflichtübung, oft überhaupt nicht mehr vollzogener Sexualität mal absieht. Das ist zwar unmoralisch, aber kann über Jahre und Jahrzehnte, oft lebenslang Ehen und Familien zusammenhalten.
Es gibt aber auch moralisch weniger bedenkliche Möglichkeiten, wie zB das "swingen", einvernehmlichen, gemeinsamen Sex mit wenigstens einer weiteren Person, die auch nur als anonymer Zuschauer, zB beim camsex, das Heruntergehen der Inzestschranke möglicherweise verhindern kann. Weil bei der beziehungsbedingten Projektion der Erinnerung an den gegengeschlechtlichen Elter dieser idealisiert wird, kann durch eine bewußte - aber einvernehmliche ! - Herabwürdigung des Partners diese Idealisierung vermieden und die Auswirkungen der Inzestschranke zumindest vermindert werden. Das ist ist m.E. der tiefenspychologische Grund für "dirty-talking" und auch für die so beliebten Dessous, die ihrer Träger, sofern sie keine model-figuren haben, eher lächerlich macht. Aber genau das ist der tiefenpsychologische Effekt: wer lächerlich und "nuttig" wirkt, provoziert keine Inzestschranke !
Auch Pornographie ist "politisch inkorrekt", "Porno-Wichser" verachtet man - diese Verachtung kann man sich zu nutze machen: zusammen - verabredet - Pornos schauen und - jeder für sich - masturbieren und man kann gespannt darauf sein, was sich aus dieser "versauten" Situation ergibt, eben weil sie "versaut", unmoralisch und schlecht gilt - und deswegen die Inzestschranke bremst.
Ich wollte damit nur Beispiele geben, eine Denkrichtung. Vielleicht kann man(n) ja Nutzen daraus ziehen ?!