Es kann zum Glück auch gut ausgehen
Liebe Rat- und Hoffnungsuchende,
mit 40 Jahren schreibe ich mit diesen Zeilen nun den ersten Forumsbeitrag meines Lebens. Dies aus dem inneren Bedürfnis heraus, Betroffenen wie Angehörigen vielleicht ein wenig Hoffnung vermitteln zu können.
Vor drei Jahren war ich selber ebenfalls von einer Meningo-Enzephalitis, ausgelöst durch Pneumokokken, betroffen. Die Lektüre der hiesigen Forumseinträge löst große Demut und Dankbarkeit in mir aus. Ich verdanke den mich behandelnden Ärzten unendlich viel.
Nach seinerzeit fünf Tagen künstlichem Koma mit zunächst ungewissem Ausgang, im Anschluss Rollstuhl, Reling, Rollator, Reha und Osteopathie (auf die ich seither schwöre) kann ich nunmehr mit einem Abstand von drei Jahren sagen, meinen Berufs- und Familienalltag nahezu uneingeschränkt bestreiten, oder besser: genießen zu können.
Ja, ich habe seither ein eingeschränktes Hörvermögen, aber: Ich höre die Vögel noch zwitschern. Nach wie vor veranlasst ihr Gesang mich zu besonderem Innehalten. Schließlich hätte ich infolge der Erkrankung auch ertaubt sein können.
Auch mich nötigen die Folgen der Erkrankung häufiger aufs stille Örtchen, als es mir im Alltag so manches Mal lieb und rechtzeitig möglich ist, aber: Es wird merklich besser.
Die anfänglich starke Erschöpfung/Müdigkeit im Alltag ist fast verschwunden.
Die neuronalen Einschränkungen gehen stark zurück: Ich kann meinen Kindern zum Teil kürzere Strecken sogar schon wieder hinterher“rennen“ und muss mich nicht mehr damit begnügen, immerhin aufrecht gehen zu können, wofür ich am Anfang bereits dankbar war.
Unter Kopfschmerzen hatte ich glücklicherweise nie zu leiden.
Im Ergebnis bringt die Erkrankung für mich an verschiedenen Stellen Perspektivwechsel mit sich, die sich mir anderenfalls im gewöhnlichen Alltag so vermutlich gar nicht erschlossen hätten. Vieles, was früher wichtig erschien, tritt gegenüber den kleinen Freuden des Alltags in den Hintergrund.
Keinesfalls möchte ich mir mit diesen Zeilen anmaßen, den stärker von Einschränkungen Betroffenen ein Hadern mit dem ereilten Schicksal abzusprechen. Ich habe schlicht das unglaubliche Glück gehabt, erträgliche Einschränkungen davongetragen zu haben.
Der Weg bis hierher war gewiss manches Mal auch für mich steinig und doch hatte und habe ich das große Glück, durch dieses einschneidende Erlebnis in meinem Leben von einer unumstößlichen Zuversicht begleitet zu sein, nämlich der Gewissheit, dass, egal was kommt, am Ende alles gut wird.
Mein allergrößtes Lebensglück ist: dass ich noch für meine Familie da sein darf.
Seid auch ihr euch gewiss, dass eure Familien und Freunde unendlich froh und dankbar sind, euch noch bei sich zu haben und euch auch schlechtere Tage gerne nachsehen, verglichen mit dem endgültigen Verlust, den eure Krankheit für sie hätte bedeuten können.
Mein musikalisches Mantra sind die folgenden Zeilen des Liedes von Bette Midler, das ich seither, ich kann nicht sagen, ob bewusst oder unbewusst, innerlich anstimme, wenn einmal Zweifel aufkommen:
„Just remember, in the winter, far beneath the bitter snows, lies the seed that with the sun’s love in the spring becomes the rose.“
Seid in Gedanken ganz herzlich umarmt.