Mangelnde Vertrauensbasis mit depressivem Partner

Hallo!
Ich bin zu euch gestoßen, weil ich gerne mit Menschen reden möchte, die Ähnliches erleben oder erlebt haben und mir vielleicht durch die eine oder andere Antwort im Denken und auch im Fühlen weiterhelfen können.

Die Beziehung zu meinem Freund dauert jetzt fast vier Jahre. Wir arbeiteten beide im selben Beruf, jedoch an unterschiedlichen Standorten und haben uns bei einer Zusatzausbildung kennen gelernt. Nach zwei Jahren und einer gröberen (ich dachte) Beziehungskrise konnte er mir seine "depressiven Phasen" und einen Selbstmordversuch lang vor unserer Zeit anvertrauen. Ich hab viel über Depressionen gelesen, war damals auch in einem anderen Forum, doch er ist seit zwei Jahren ziemlich stabil und darüber hinaus hab ich auf dieses Problem wohl vergessen.

Zu aktuellen Situation:
Seit Anfang Winter etwa wurde es dann irgendwie komisch. Er tippte unter dem Tisch SMS, beim Nachfragen waren die alle an Mama. Arbeitete zu ungewohnten Zeiten. Telefonierte oft mit anderen Frauen. Ich wurde wieder misstrauisch. Ich stelle ihn zur Rede, er kam mit abgefahrenen aber logischen Erklärungen. Weil mehr nicht aus ihm rauszukriegen war, fand ich mich erstmal damit ab, begann aber zu sticheln und zu zicken, wo es eine Cahnce gab um ihm doch was zu entlocken. Eines Tages - ich war fix und fertig vor Eifersucht - konnte ich nicht mehr anders und stöberte heimlich in seinem Handy. Per SMS fragte er da eine Frau, was er denn in den Koffer packen soll... Das war echt mein Stichwort und ich rastete aus. Schon einmal meinte er, für einen Kurztripp mit mir keine Zeit zu haben, flog dann aber mit Arbeitskollegen eine ganze Woche auf Urlaub. Ich war an diesem Abend echt ungemütlich. Er versuchte, mich zu beruhigen, schwor mir bei allem und jedem, mich nie zu betrügen und bat mich, nicht auszuzucken über das, was er mir nun endlich erzählen wolle.

Er hat seit einigen Monaten einen neuen Job. In der Firma seines Papas, arbeitet er nun im Management. Und er war bereits auf Geschäftsreise! Drei Tage Asien. Ich hatte keine Ahnung! Er ließ mich monatelang in dem Glauben, täglich zur Schule zu gehen! Das tat echt weh, aber ich nahm mich zusammen, weil ich in dem Moment erkannte, wieder nicht gut genug zugehört zu haben. Natürlich gingen seine Überlegungen dazu schon länger und er war schon im Herbst zeitweise in der Firma tätig. Es tut unglaublich weh zu erfahren, dass der Mann, den man über alles liebt, einem so wenig vertrauen kann, dass er einen nicht in diese Gedanken mit einbezieht.

Ich habe mich sehr intensiv mit mir selbst beschäftigt in den letzten Wochen und habe erkannt, dass Kommunikation nicht meine große Stärke ist. Dass ich viel von ihm forderte. Dass ich ihm wohl irgendwie das Gefühl gegeben habe, ich würde ihn nur mit diesem -unserem- Beruf wollen (was nicht stimmt). Dass ich dadurch, das es ihm jetzt so gut ging, auf seine psychischen Probleme vergessen habe. Dass ich ihm keine Hilfe war, als er sie vielleicht gebraucht hat. Dass er glaubte, sich nicht auf mich verlassen zu können.

Wie nachdenklich soll mich das Ganze stimmen? Haben wir beide eine Zukunft, wenn er nicht(mal) über seine Berufswünsche und Berufsveränderungen mit mir reden kann? Wie kann ich das Vertrauen auf Dauer wieder herstellen? Meines ist dadurch natürlich auch verletzt. Wie kann ich mich selbst weiterentwickeln und besser kommunizieren ohne alles kryptisch per Zaunpfahlwinkungen, sarkastischen Bemerkungen und Sticheleien an den Mann zu bringen?

Dankeschön,
Coccinelle

Antworten (3)

Ich bin der Mann von Jeydee und möchte hier Bezug nehmen auf deinen Beitrag, in dem du Parallele zu jener Beziehung von Coccinelle zu ihrem Freund siehst.

Diese wären etwa:
• "depressiven Phasen" (bei mir heute weniger als früher)
• Kommunikations-Schwierigkeit von uns Männern
• Erwartung von euch Frauen, ALLES unserer Lebensführung betreffende mit euch zu teilen
• mehr mitbekommen von euch Frauen von versteckten Teilen unseres persönlichen Lebens, AKTIV aus dem Handy von Coccinelles Freund; PASSIV (später auch aktiv) bei uns durch Unachtsamkeit von mir, in der ich nicht bedachte, dass Jeydee meinen Chat mit einer Frau, (die ich aus einem Verein kenne) im selben Messenger mitlesen kann, den sie auch für die Kommunikation mit ihren Freundinnen benutzt, denn sie hat selber keine Handy und benutzt meines

Ich suchte bereits in jungen Jahren psychologiesche Hilfe auf wegen Problemen mit Jähzorn und konsultierte dadurch mehrere Gesprächstherapeuten. Auch las ich mehrere psychologische Bücher.
All dies erschuf in mir das Verständnis für psychische Zusammenhänge.
So hatte ich damals (z.T. heute immer noch) auch eine Neigung und Verhaltensweise, welche mir im Kontakt und in Beziehungen mit Menschen aber auch mit mir selber, eine eigenverantwortliche und bewusste Gestaltung meines Lebens erschwerte. Es geht auch um die Wertung des eigenen Selbst und jene der anderen Menschen.
Da ich mich schon früh (vor der Einschulung) deutlich minderwertiger als die anderen Menschen sah/fühlte, hatte ich mich folglich auch schon früh in eine Tagträumerwelt zurück gezogen und wegen der abgelegenen Wohnsituation hatte ich wenig Kontakt mit gleichaltrigen Kindern. Beide Umstände wirkten sich negativ auf die Entwicklung meiner Sozial- und Lebensmeisterungs-Kompetenz aus.
Minderwertigkeitseinbildung oder -gefühle wirken direkte entgehen der Entwicklung von Selbstkompetenz.

Eine Folge dieser Umstände war auch Bindungsangst, so dass ich Jeydee erst in fortgeschrittenem Alter, vor ein paar Jahren heiratete, wobei wir schon seit dreizehn Jahren zusammen wohnen.
In dieser Zeit durch x Krisen mit Jeydee gegangen und von ihr aufgefordert, erhoffe ich mir nun durch die erneute Konsultation eines Psychotherapeuten jene Fähigkeiten in mir noch soweit zu entwickeln, dass ich meine Selbstsicherheit und -kompetenz wesentlich verbessern kann.

Nun habe ich mal genug «Selbst-» geschrieben, also über mich selber und werde nächstes mal mehr über konkrete Probleme in der Beziehung schreiben.

Liebe Coccinelle

Wie hat es sich bei Dir entwickelt, die Beziehung zu diesem Mann oder Allgemein und Dein Kommunizieren?

Mein Mann ist auch so, dass er grosse Mühe bekundet, mit mir sprechen zu können.
Wir kämpfen darum ,hier eine Änderung zu erwirken:
Er muss versuchen zu sprechen - insbesondere, wenn er sich von einer Aktion von mir getriggert fühlt - und ich versuche, möglichst ohne Druck mit ihm umzugehen.

Es scheint, dass er öfter „in die Höhle geht“ (Rückzug), wenn es für ihn emotional schwierig wird (wohl allgemein, nicht nur bei mir) - aber im Zusammenhang mit der Beziehung wird es zu einem Teufelskreis, da ich keine Möglichkeit sehe, mich zu ändern, wenn er nicht mit mir spricht und sich mitteilt.
Ich schlug ihm vor, sich therapeutisch Hilfe zu holen, wenn er mit mir nicht klarkäme und ich würde ihn auch begleiten oder selber Therapie in Anspruch nehmen, wenn ich verstehe, worum es geht. Er hat auch Versuche in diese Richtung unternommen, (sind auch zusammen in Beratung gewesen) aber ohne einen Durchbruch in unserer Beziehung zu erreichen. Nach Jahren des „stillen Leidens“ mit Rückzug und Depression hat er diesen Sommer nun eine Anmeldung für Psychotherapie gemacht.

Ich wünsche mir sehr, dass wir hier weiterkommen - also mit dem Reden. Das Problem ist so belastend und verhindert Leben.

Viele Grüsse

Jacqueline

Hallo Coccinelle,

sein Verhalten hat wie Du schon erkannt hast nichts mit Depressionen zu tun. Es ist schwer etwas Passendes zu schreiben, da Du wohl eher auf der Suche nach Beziehungstipps bist. Wenn Ihr beide Interesse an einem Fortbestand der Beziehung habt, wäre eine Paartherapie vielleicht sinnvoll mit dem Ziel verlorenes Vertrauen wiederzufinden. Viel Glück

Marika

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