Gedanken zum Abschied
Ich habe meinen besten Freunde, fast schon Bruder, verloren.
Obwohl, „verloren“ stimmt auch nicht so wirklich, denn ich weiß das wir uns irgendwann in einer anderen, besseren Welt wiedersehen werden.
Er ist auch nicht plötzlich und unerwartet gestorben, sondern alle (er auch) wussten es und konnten sich darauf vorbereiten. Und trotzdem tut es arg weh. Das ist eine Mischung aus Trauer, Wut, Hoffnungslosigkeit und einfach Angst.
Wir sind „Onko-Kids“ (Kinder von der Onkologischen Station, auf deutsch: Kinder die Krebs hatten/haben) und haben uns bei einer Reha kennen gelernt.
Wir waren beide 10 Jahre alt. Fabi hatte ein Osteosarkom (Knochenkrebs), man musste ihm den linken Unterschenkel amputieren und ich hatte den ersten Ausbruch meiner ALL (Leukämie) + Chemo usw. hinter mir. Wir haben uns von Anfang an super verstanden und daraus ist halt eine 100%ig echte Freundschaft geworden. Man kann schon sagen, wir sind Brüder geworden.
Noch viel fester ist diese Freundschaft ca. 2 Jahre später geworden.
Plötzlich war meine Leukämie wieder da und noch viel heftiger als beim ersten Ausbruch. Dementsprechend war auch die Behandlung inkl. Chemo. Ich durfte die gesamte Palette der möglichen Nebenwirkungen durchleben. Zuletzt konnte ich nicht mehr sprechen, jeder Atemzug, jedes Schlucken tat so scheiße weh, ich habe Blut gespuckt usw., denn die Schleimhäute in meinem Mund, Speiseröhre usw. hatten sich entzündet und abgelöst.
Kurz gesagt, ich war am Ende wollte nicht mehr kämpfen. Klar, man hat liebe Eltern, liebe Verwandte, ne Menge Freunde und alle machen einem Mut, aber ab einem gewissem Moment hört man das nicht mehr. Und da hat mir Fabi etwas von seinem Lebensmut abgegeben.
Klingt blöd, ich erwarte auch nicht das dies jemand echt versteht, aber er konnte 1:1 nachempfinden, was grad in mir abging und deshalb konnte er mir auch wesentlich mehr helfen als jede andere Person.
Wir haben oft über den Tod gesprochen, auch schon mit 10 Jahren. Logo, wenn man jeden Tag mit dem Tod konfrontiert wird, wenn man Begriffe wie „Sternenzimmer“ und „Sternenkinder“ nicht nur hört, sondern Tod als etwas unheimlich nahes und persönliches erlebt. Wenn man im Krankenhaus erlebt das wieder jemand, den man kennt, ins „Sternenzimmer“ verlegt wird und wenig später erscheint sein Name bei den „Sternenkindern“ (Kinder die den Kampf verloren haben).
Sterben ist für uns etwas ganz anderes, als dies z.B. für Eltern oder Außenstehende ist. Ich habe mir zu oft gewünscht, endlich sterben zu dürfen, um noch Angst vor dem Tod zu haben.
Und trotzdem tut es weh, wenn man wieder einen Freund verliert. Und jetzt, wo Fabi den Kampf nun doch verloren hat, nach über 5 Jahren in denen sein Krebs besiegt schien, da tut es halt noch viele mehr weh. Denn für mich war immer klar, das ich eher gehen muss als Fabi.
Natürlich lebe ich mein Leben weiter, kümmere mich weiter um andere Onko-Kids und Eltern die eben nicht so gut mit so Diagnosen klar kommen usw. Und wenn Gott mir die Zeit dazu gibt, dann mache ich mein Abi, studiere Medizin und möchte Menschen noch viel mehr helfen. Aber ich bin mir eben auch jetzt noch viel bewusster darüber, das ich froh sein kann, wenn ich es evtl. bis zum 18. Lebensjahr schaffe. Also man hat Pläne, aber wirklich planen kann man nicht.
Ich schreibe das hier nicht um abzujammern oder um Mitleid zu bekommen. Es sind einfach meine Gedanken und es ist meine Art mit dem allen fertig zu werden. Und es wäre nett, wenn man dies respektieren könnte und evtl. "witzige" Texte unterläßt.
Rainbow14 (Moderator)