Diversität
Ycon, Liebe ist immer eine komplizierte Sache. Wir werden in einer Gesellschaft sozialisiert die uns lehrt, dass nur den oder die eine Partnerin für uns gibt und dass wir nach dem Heiraten zwei Kinder bekommen und den Rest unseres Lebens glücklich zu zweit verbringen, bis wir eines Tages Großeltern werden und unsere Enkelkinder überglücklich in die Arme schließen dürfen. Als schwierig wird nur die Phase gesehen, jemanden zu finden und diese Person dann von sich zu überzeugen. Hat man es bis zur Ehe geschafft, hat man das große Ziel erreicht, hat man es geschafft, hat man sich für den nächsten Rosamunde Pilcher Film qualifiziert.
Was aber wenn ein Individum etwas in sich verspürt, das anders ist? Etwas das den heteronormativen Strukturen unserer Gesellschaft nicht entspricht? Oder noch simpler, sexuell gesehen mehr will als Blümchensex?
Ich verstehe und respektiere meine heterosexuellen, monogamen Mitmenschen, ich freue mich, wenn mir jemand verliebt von einem ersten Date oder gemeinsamen Paarerlebnissen erzählt und irgendwie wünsche ich mir das auch. Der Hacken? Ich bin bisexuell und nicht monogam. Ich lebe in einer Kleinstadt und wenn das Thema Sexualität oder etwas in der Richtung aufkommt, versuche ich rasch das Thema zu wechseln, denn ich bin es leid mich jedes Mal rechtfertigen zu müssen. Ich will niemandem meinen Standpunkt aufzwingen und niemandem sein Recht absprechen glücklich zu zweit zu leben.
Warum ich dir das erzähle? Nicht um Partei für deinen Mann zu ergreifen, sondern um dich dazu anzuregen, eventuell einmal die Perspektive zu wechseln, auch wenn das nicht immer leicht ist.
Versuch dich zu fragen, wie fühlt mein Mann und nicht warum tut er das. Versuch dir vorzustellen was für ihn Liebe, Sexualität und eure Ehe bedeutet, ohne es zu werten. Versuche Empathie und Mitgefühl für ihn zu entwickeln.
In einem zweiten Schritt solltest du dich das selbe fragen. Was ist dir wichtig, was sind deine Bedürfnisse, Wünsche und Ängste? Was sind deine normativen Vorstellungen von einem Leben? Woran willst du unbedingt festhalten und über welche Punkte bist du bereit zu verhandeln?
Das Wichtigste in einer Zwischenmenschlichenbeziehung ist eine offene und respektvolle Kommunikation. Klingt nett und leicht, ist es aber nicht. Oft sind unsere Wünsche, Bedürfnisse und vor allem unsere Ängste so stark, dass sie uns lähmen, dass wir uns nicht trauen offen zu kommunizieren.
Wenn ihr zu dem Punkt kommt, dass eure Ehe euch wichtig ist, ihr daran festhalten wollt, wirklich wollt und nicht nur deshalb bleibt, weil Ängste euch lähmen, so kann es auch hilfreich sein zum Beispiel eine Beratungsstelle aufzusuchen oder eine Paartherapie zu machen.
Viele Menschen haben Angst und Bedenken sich mit ihren Sorgen anderen anzuvertrauen, aber manchmal kann ein Blick von außen hilfreich sein. Das hat absolut nichts damit zu tun, dass man versagt hat. Manchmal drehen sich unsere Gedanken so im Kreis, das wir jemanden benötigen, der das Karusell anhält und uns eine neue Perspektive aufzeigt.
Ich wünsche dir von Herzen alles Liebe und viel Kraft einen guten Weg für dich zu finden, denn es gibt keinen One-Best-Way! :)