hallo johanna!
Liebe Johanna,
danke für deine nette Antwort. In der Zwischenzeit hat sich tatsächlich die Neugründung einer SHG als beste Möglichkeit erwiesen. Ich habe auch bei zwei (kirchlichen) Stellen Informationen über Gruppen erhalten und habe einen guten Eindruck. Ich denke, ich werde diesen Weg gehen.
Ich bin ein sehr kommunikativer Typ und rede über viele Dinge gern offen, weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass das die meisten Beziehungen - auch Freundschaften und Arbeitsverhältnisse z. B. - wertvoller und authentischer macht.
Allerdings ist das Thema Kaufsucht (zumindest zur Zeit) für mich sehr schwer zu handhaben. Ich schäme mich und fühle mich gleich wertlos, wenn ich mich jemandem öffnen muss. Die Anonymität des Internets ist da eine große Hilfe. Es fällt mir schwer, damit an die Öffentlichkeit zu gehen und ich denke, es ist schon ein gewaltiger Schritt, wenn ich mich in eine Gruppe (mit Fremden) setze und dort sage: Hallo, ich bin ... und bin kaufsüchtig.
Ehrlich gesagt, habe ich ziemlich viel Angst davor. Wie werden sie reagieren? Werde ich mich gleich mit ihnen vergleichen? Werde ich verurteilt?
Ich kann daher leider nicht zur Verfügung stehen, wenn ihr einen Beitrag zu diesem Thema erstellt. Für einen Zeitungsartikel, mit geänderten Namen, ohne Fotos, gern. Ich bin hier in meinem Ort - und sogar über diverse Beiträge in der Tageszeitung zu meinen ehrenamtlichen Tätigkeiten - vielen bekannt. Ich bin noch nicht soweit, dass ich vor all diesen Menschen (plus alle Zuschauer) dazu stehen kann, süchtig zu sein. Und dann noch eine Sucht, die nicht einmal stoffabhängig ist. Da ist schnell das Vorurteil (auch wenn es nur auf wenig Sachkenntnis oder Mitgefühl zurückzuführen ist) da, dass man selbst schuld ist und es sich ja "abgewöhnen" kann, da es ja nicht stofflich - wie Heroin, Alkohol etc. - abhängig macht.
Ich würde gern helfen, hier ein bißchen mehr für Aufklärung zu sorgen, aber wie bereits gesagt, ich kann mich nicht öffentlich dazu outen.
Zusätzlich zu aller Scham über die "Rückfälle" oder Kaufanfälle kommt ja auch noch der Berg Schulden, die Angst vor der Pleite, das Chaos in der Familie.... Wir haben auch noch zwei kleine Kinder... denen möchte ich das nicht antun, ihre Mami im Fernsehen als kranke Frau...
Im Übrigen ist die "Krise" ja gerade sehr "frisch", das heißt, es kann noch keine Rede davon sein, es überstanden zu haben.
Ich weiß nicht, wie es sich auf unsere Zukunft auswirken wird. Zumal ein Süchtiger ja nicht "geheilt" wird, sondern lernen muss, sich den Rest seines Lebens zu "enthalten"! Wie soll ich das schaffen? Kaufen ist doch lebensnotwendig. Außerdem ja auch eine erwünschte, geförderte und reich beworbene Sache: So wie der Alkoholiker Kneipen meidet, kann ich doch keine Supermärkte meiden?!
Ich weiß noch nicht, wie man das in den Griff bekommt. Ein paar kleine Schritte habe ich probiert, noch funktionieren sie. (Z. B. "heute kaufe ich nichts für mich oder mein "Wohlgefühl". Oder "In dieser Woche will ich max. 10 E für Süßigkeiten ausgeben." "Ich kaufe streng nach Einkaufsliste. Nichts Anderes.")
Wie es weitergeht, weiß ich nicht. Wie schwer es wird, erahne ich langsam. Und dass es mich noch lange begleiten wird, steht fest. Aber so lange ich meine Familie (Mann und Kinder) als Stütze habe, wird die Angst zu versagen, in den Griff zu kriegen sein.
Drück mir die Daumen - ich drücke dir die Daumen, dass ihr jemand anderen findet, der etwas mutiger ist als ich.
Liebe Grüße
Lilli