@Jaqueline283
Hallo Jacky,
ich will, um Rainbow14's Erwartungen nicht zu enttäuschen, etwas ausführlicher auf Deinen letzten Beitrag eingehen...
Eigentlich hast Du mir (und der von Thomasius mit Spannung erwarteten Diskussion) mit Deinen Statements ganz schön den Wind aus den Segeln genommen :-). Ich kann nämlich jede Aussage Deines vorangegangenen Beitrags nur unterstreichen. Du hast die Situation auf dem "Catwalk" Freibad (mit FKK kenne ich mich eben auch nicht aus) ganz gut analysiert, und dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
Bis auf... einen einzigen Satz von Dir, der mich etwas zum "Stolpern" brachte, und das ist der hier:
"Und im Alltag fängt es bereits damit an, dass über eine 'dicke Beule in der Hose' diskutiert wird, wenn es um einen Besuch in einer öffentlichen Badeanstalt geht."
Das bezieht sich sicher auf einen Beitrag von "swinger" weiter oben, der gemeint hatte:
"Auch wir Kerle präsentieren uns natürlich gerne im Freibad oder am See."
und "mariolove" setzte als Antwort den leider missverständlichen Nachsatz hinzu:
"Viele ... auch mit dicker Beule in der Hose. Ich bevorzuge FKK-Baden mit nahtloser Bräune und OHNE sexueller Hintergedanken. Obwohl... es gibt da schon auch des Öfteren sehr erotische Anblicke."
Jetzt (erst jetzt) verstehe ich zwar einerseits Deine heftige Reaktion darauf (natürlich soll man seine Beulen nicht im Freibad vor der Öffentlichkeit "präsentieren"!), und Anbaggern mit solchen Mitteln geht ja schon mal gar nicht.
Andererseits denke ich nicht, dass "mariolove" es so provozierend-sexistisch gemeint hat. Die "Beulen" werden von ihm wahrscheinlich eher sportsmännisch in Kauf genommen, wenn die optischen Reize mal solche physischen Reaktionen hervorrufen, aber eben keinesfalls "ausgelebt". Dabei könnte auch mal ein Gang in die kalte Dusche (oder wahlweise in die Toilettenkabine) Abhilfe schaffen...
Aber dass man dieses Beulenthema grundsätzlich ausklammern sollte, finde ich nicht in Ordnung. Die Forenthreads hier sind voll von den Ängsten pubertierender Jungs, dass sie z.B. sich nie trauen würden, zum FKK zu gehen oder in die Sauna, oder auch nur in die Schuldusche nach dem Sport - eben aufgrund der nicht kontrollierbaren Körperfunktionen. Und diese Jugendlichen erleben es ja nicht als beglückend oder angenehm, sondern sie schämen sich - obwohl in diesem Alter ganz natürlich - für diese Reaktionen. Das passiert außerdem nicht nur im Bad, sondern auch in Klassenzimmern, bei Parties, bei Freunden usw. Nur ist es eben bei keiner Gelegenheit so optisch intensiv "erfahrbar" und auch "bemerkbar" wie in einem Freibad... Der Mann ist halt ein Augentier...
Und damit bin ich wieder bei der weiblichen Seite: Man kann sich eben nicht körperbetont kleiden und seine Reize zur Schau stellen (nichts anderes ist es für mich - es gibt Unterschiede zwischen aufreizender Bademode und funktioneller Badebekleidung) und dann erwarten oder sogar fordern, dass die Männer kühl dabei bleiben. Das Gleiche schreibst Du ja auch in einem früheren Beitrag: es ist ein Sehen und Gesehen werden. Aber beim reinen Sehen kann's beim Mann oft nicht bleiben; er und sein Körper treten mit diesen Sinneseindrücken in Wechselwirkung. Du magst dies als "schmutzige Gedanken" ansehen, oder dass der Mann sich nicht beherrschen kann - und das mag auf einige besonders triebgesteuerte Exemplare auch zutreffen; Du tätest aber der Männerwelt insgesamt damit Unrecht. Aus dem gleichen Grund finde ich es zwar frauenfeindlich, aber dennoch in der heutigen gesellschaftlichen Situation (noch) nicht ratsam, "oben ohne" zu (sonnen-)baden. Manche, vor allem in der Männerwelt, würden das "Oben ohne" vielleicht als Freibrief zu (dann eben wirklich sexistischen) Reaktionen aufassen, von anzüglichen Blicken/Bemerkungen bis vielleicht zur körperlichen Belästigung.
Ich weiß, dass ich mich mit dieser Argumentation ganz nahe an einem anderen Abgrund der Sexismusdebatte bewege, nämlich der Frage, ob eine Frau denn nicht das Recht hat, sich so (auch "so aufreizend") zu kleiden oder auch zu entkleiden wie sie will, ohne dass sie dadurch zu einem Opfer von Anzüglichkeiten, Anmache oder sogar körperlicher Belästigung wird. Oder sollte man dann sagen "...sich zum Opfer macht"? Ich finde, dass man in einer sexisierten Gesellschaft wie der unseren (Werbung, Filme, Internet, freizügiges Verhalten), wo Tabus immer mehr fallen und über Intimstes in der Öffentlichkeit diskutiert wird, nicht unbedingt einen Beitrag dazu leisten sollte, dass es noch "ungesitteter" zugeht (ja ich weiß, "Sitte" ist ein sehr aus der Mode gekommener Begriff). Die allgemein anerkannten Normen prägen das Denken in der Gesellschaft und dieses Denken bringt die Auffassung, was "normal" ist, wiederum in eine bestimmte Richtung; ein freizügiger Umgang mit körperlichen Reizen kann daher heute auch als "Einladung" falsch verstanden werden.
Aber, um es nochmal deutlich zu betonen: Kein Mensch hat das Recht, einem anderen unaufgefordert zu nahe zu treten, ihn sexuell zu belästigen oder ihm auch nur seine eigenen Vorstellungen aufzudrängen, egal wie dieser sich kleidet, gibt oder sonstwas. Es ist einfach für mich nur ein Erklärungsmodell, warum in der Gesellschaft einiges schief läuft, was nicht schieflaufen müsste, wenn wir etwas sensibler mit unseren Gefühlen (und denen anderer) umgehen würden: Reizüberflutung, Verlust von ethischen Leitbildern und moralischen Werten. Es gibt eine ganze Industrie, die das befördert und sich damit eine goldene Nase verdient...