Feldgrillen nachzüchten
Wenn jemandem der Erhalt der Artenvielfalt am Herzen liegt, ist das immer lobenswert. Die Einbürgerung jeder Art ist allerdings auch ausnahmslos mit einer besonderen Verantwortung verbunden und erfordert ein hohes Maß an Gewissenhaftigkeit, Umsicht und gründlicher Vorbereitung. Auch Aspekte des Natur- und Artenschutzes sollten nicht außer Acht gelassen werden. Im Falle der wärmeliebenden Feldgrille muss dringend beachtet werden, dass gerade diese Art für die genetische Durchmischung ihrer Populationen sehr weiträumige Biotope benötigt, die sich in erster Linie aus kurzgrasigen Trockenrasen, Weiden und Grashängen mit starker Sonneneinstrahlung zusammensetzen. Nur wenn dieser Landschaftstyp in einer Gegend wirklich dominiert, können eventuell Ansiedlungsversuche der Feldgrille in Betracht gezogen werden. Hierbei wird man allerdings nicht umhinkommen, Ausgangsmaterial für eine Nachzucht der Natur zu entnehmen. Auch wenn die Feldgrille nicht unter Naturschutz steht, ist sie doch aus weiten Landstrichen bereits völlig verschwunden, und bisweilen muss man weit fahren und lange suchen, um eine Gegend ausfindig zu machen, wo diese Tiere noch in ausreichender Menge vorkommen. Besonders an sonnigen Tagen im Mai verraten die Tiere ihre Anwesenheit durch ihren bekannten, weithin hörbaren Grillengesang. An manchen Orten ihres Vorkommens treten die Feldgrillen noch recht zahlreich auf und können mittels eines Grashalmes aus ihren Erdlöchern hervorgelockt werden. Transportiert werden die Feldgrillen jede für sich in kleinen Plastikboxen, und zur weiteren Haltung setzt man die Tierchen (ebenfalls unbedingt einzeln!) in handelsübliche Haushaltboxen, in welche wir einige Rasenstücke gelegt haben. Wichtig ist, dass für die weiblichen Tiere, die man an den glatteren Flügeln und der spitzen Legeröhre am Körperhinterende gut erkennt, deutlich mehr Erde hineinzugeben ist, welche man ein wenig andrücken und immer leicht feucht halten sollte. Die Behälter sollten nummeriert, gut verschließbar und zur besseren Belüftung des Inhaltes teilweise mit einer Gazefläche versehen sein, was man mit einigem Geschick leicht selbst anfertigen kann. In diesen Behältern pflegt man die Grillen eine Weile jede für sich. Die Versorgung der Tiere gestaltet sich denkbar einfach, als Allesfresser können die Grillen mit Obst, Salat, Pellets für Fische und Nager, Mehlwürmern und anderem ernährt werden. Zu beachten ist, dass die männlichen Tiere bei Wohlbefinden sehr laut zirpen, was manche Menschen als störend empfinden können. Unter den entsprechenden Haltungsbedingungen dürften die Weibchen nach etwa einer Woche paarungsbereit sein. Hierzu entnimmt man die Weibchen ihren Behältern und setzt sie jeweils einzeln zu den männlichen Tieren. Das Männchen wird sofort zu balzen beginnen, worauf das Weibchen auf seinen Rücken steigt und die Paarung eingeleitet wird. Ob die Begattung erfolgreich war, sieht man an der Spermatophore, einer kleinen, gelblichen Kugel, die das Männchen dem Weibchen unterhalb der Legeröhre angeheftet hat. Damit sich das Weibchen die Spermatophore nicht frühzeitig wieder abstreift, sollte es nach der Paarung noch einige Minuten bei dem Männchen belassen werden, ehe es wieder in seinen eigenen Behälter zurückgesetzt wird. Durch die Nummerierung der Behälter wird es einfacher, die Paarungen zu dokumentieren, und schließlich sollten im Idealfall alle Tiere wenigstens einmal miteinander verpaart worden sein. Die männlichen Tiere können nun an ihren künftigen Besiedlungsorten der Natur übergeben werden, während die Weibchen bereits mit der Eiablage in der Erde ihres Behälters begonnen haben dürften. Diese können etwa drei Wochen später ebenfalls ins Freiland entlassen werden. Die Erde in den Haltungsboxen ist nun voll von gelblichen, etwa drei Millimeter langen Eiern, und sobald die Jungen zu schlüpfen beginnen, die fast wie Miniaturausgaben ihrer Eltern aussehen, ist schnelles Handeln notwendig. Die Erde muss an den künftigen Bestimmungsorten ausgebracht werden. Hierzu wählt man eine sonnige Stelle und bedeckt das Ganze als Schutz vor Austrocknung locker mit einem Brett oder einer Plane. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass keine Ameisen vorhanden sind. Wenn die Umgebung die eingangs erwähnten Kriterien als Feldgrillenbiotop erfüllt, kann dies auch im eigenen Garten geschehen, im städtischen Bereich ist es allerdings nicht zielführend und sollte aus Gründen des Artenschutzes dringend unterbleiben. Nun ist Geduld gefragt, denn die jungen Grillen werden sich über das gesamte Gelände verteilen, wo sie heranwachsen und ein unauffälliges Leben führen, um schließlich halbwüchsig im Boden zu überwintern. Mit den ersten warmen Sonnenstrahlen im Frühjahr werden die Junggrillen wieder aktiv, und wenn man dann an den entsprechenden Stellen die Eingänge der Wohnhöhlen entdeckt, hat man Gewissheit, dass die Ansiedlung der Art erfolgreich war. In guten Jahren sind die ersten Tiere bereits ab Mitte April ausgewachsen und können uns dann bis in den Sommer hinein mit ihrem Gesang erfreuen. Viel Erfolg!