Liebe Katze,
Hier auf Paradisi treiben sich anscheinend immer weniger Leute herum, daher kann es schon sein, dass ein Beitrag erst Stunden oder Tage später gelesen wird. Ich hab jetzt auch mehr durch Zufall reingeschaut, weil der Thread hier durch Deinen neuen Beitrag vorhin auf meiner Profilseite frisch aufgepoppt ist (würde ich Dir übrigens empfehlen, Dich hier auf Paradisi zu registrieren; dann hast Du über Deine persönliche Profilseite immer einen guten Überblick über die Threads, in denen Du schon mal was geschrieben hast, und ob jemand inzwischen darauf geantwortet hat).
Zu Deinem Zwangproblem: Das kann meiner Meinung nach schon sehr gut sein (auch wenn ich kein Fachmann bin), dass Zwänge manchmal dazu dienen, etwas anderes, "Schlimmeres", zu verdrängen.
Ist dies jedoch der Fall, dann hilft es recht wenig (auch wenn Deine Ansätze schon löblich sind), die Zwänge selbst abzulegen (weil sie ja nicht direkt die Ursache, sondern nur ein Symptom für etwas anderes in Dir sind). Der richtige Weg wäre dann, die Ursache (also das Verdrängungsproblem) zu beseitigen, indem man sich diesem Trauma bewusst stellt und es beginnt zu verarbeiten (wenn möglich mit therapeutischer oder seelsorgerischer Hilfe). Anschließend kann man sich dann immer noch den Zwängen widmen, falls sie "gewohnheitsmäßig" noch weiterbestehen sollten (wie z.B. bei Kindern das Nägelkauen).
Das Phänomen, das Du an Dir bemerkst ist übrigens gar nicht so selten, und kommt - wenn auch meist in geminderter Form - bei vielen Menschen in ihrem täglichen Verhalten vor. Vielleicht hast Du schon mal was von Prokrastination gehört - das ist das immer mehr um sich greifende Verhalten von Menschen, die unangenehme oder umfangreiche Aufgaben zu erledigen haben, alles mögliche weniger Wichtige vorher zu tun, nur um erstens die schwierige Aufgabe nicht anpacken zu müssen, bzw. um zweitens sich selbst "freiwillig" unter noch mehr (Termin-)druck zu setzen, bis die Aufgabe schließlich - unweigerlich unaufschiebbar dringend geworden - doch noch relativ leicht von der Hand geht.
Eine "Standard-Anleitung", wie man wirklich angstfrei wird, gibt es dabei wohl nicht. Je nachdem, ob Du z.B. gläubig bist, könnte es Dir sehr helfen, diese Entscheidung, von der Du geschrieben hast und die der Auslöser für alles zu sein scheint, mit einem christlichen Seelsorger (der z.B. in Biblisch-Therapeutischer Seelsorge - BTS geschult ist) zu besprechen; viele Gemeinden, vor allem viele bibelnahe Freikirchen (Baptisten, FEG, Landeskirchliche Gemeinschaften), haben Pastoren oder andere reife Christen, die in dieser Seelsorge geschult sind.
Wenn die Zwänge so stark sind, dass sie ernsthaft Deinen Alltag und das soziale Miteinander beeinträchtigen, kann Dir auch Dein Hausarzt eine Überweisung an einen Psychologen oder Psychotherapeuten ausstellen.
Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl bekommt man nur dann, wenn man sich geliebt und auch von anderen wertgeschätzt weiß (das sollten einem eigentlich die Eltern in der Kindheit vermitteln). Aber sowas ist heute, in dieser an äußerlichen Erscheinungsformen orientierten Gesellschaft, oft nicht in der Tiefe möglich, wie es für Dich wichtig wäre. Umgib Dich daher, soweit es Dir möglich ist, mit Menschen, die Dir gut tun, echten Freunden, die Dich so nehmen wie Du bist, und meide "anstrengende" Typen, die an Deinen Nerven zerren, Deine Zeit stehlen oder sonstwie einen schlechten Einfluss auf Dich ausüben. Glaube nicht, allen dauernd etwas recht machen zu müssen.
Aber arbeite vor allem an dieser von Dir erwähnten Entscheidung, die Dein Leben so sehr zu bestimmen scheint; gehe Dein Kernproblem an!
Viel Erfolg und Mut dabei wünscht Dir
marsupi