Quintessenz: Koffer packen
Mein derzeitiger Freund und ich sind jetzt seit zwei Jahren zusammen. Wir sind beide Mitte 30, er hat eine siebenjährige Tochter aus 1. Ehe und war vor mir bereits 2.5 Jahre von seiner Exfrau getrennt. Ich selbst bin kinderlos, wünsche mir aber ein Kind. Zuerst hiess es, er sei stolzer Vater und es könnten ruhig weitere Kinder folgen. Wir haben uns vor 2 Jahren im Mai über die Arbeit kennengelernt, sind drei Monate später ein Paar geworden und er wollte auch gleich, dass ich bei ihm einziehe, was ich Mitte August auch tat. Damals war ich noch so naiv und dachte: so schlimm kann es nicht werden, Probieren geht über studieren. Anfangs war alles schon fast kitschig schön und wie im Traum, mein Freund bemühte sich um mich, überhäufte mich mit Blumen und Liebesbriefen und stellte mich seinem ganzen Umfeld vor. Aus falsch verstandener Liebe verbieget ich mich für ihn, zog nur noch flache Schuhe an, schnitt mir die Haare ab, und liess meine schönen Kleidchen im Schrank verstauben. Meine Freundinnen erkannten mich nicht wieder. Nach ca 6 Monaten Zusammenleben vereinbarten wir, ein Jahr später mit einer eigenen Familienplanung anzufangen und er machte mir im Januar einen romantischen Heiratsantrag samt schönem Ring. So viel zur Seifenoper. Was dann folgte, war eher ein Endlos-Drama. Zunächst einmal passierte: NICHTS. Da ich überglücklich über die Verlobung war, machte ich es auch gegenüber Freunden und Familie publik. Er weigerte sich mit faulen und leeren Ausreden, seinen Eltern davon zu erzählen. Empfand Verständnis für seine Eltern, dass sie die zahlreichen Hochzeitsfotos mit seiner Ex an den Wänden hängen lassen wollten - dem Wohl der Tochter zuliebe. Jedes Mal, wenn ich mit dem Verlobungsring auf dem Sofa sass und bei Fragen betr. des Ringes nicht die Wahrheit sagen durfte, schaute mich seine Ex im weissen Kleid von oben an. Er wollte sich nichts über Hochzeitzeitschriften ansehen, wurde zunehmends beim Thema Hochzeit aggressiv, statt im Sommer wie vereinbart zu heiraten, hiess es, das hätte doch keine Eile, nächstes Jahr ginge auch noch oder noch später. Auf unser gemeinsames Haushaltskonto zahlte er keinen Cent ein, auch nicht auf unser Hochzeitskonto - er wollte keine Kontrolle abgeben, also lösten wir es nach einem Jahr wieder auf. Plötzlich wollte er auch von weiteren Kindern nichts mehr wissen (wie er mir ein 3/4 Jahr später gestand, wegen einer TV-DOKU über eine Patchworkfamilie an der Armutsgrenze) - schliesslich wollte er sein Geld für sich behalten und musste ja seiner Ex jeden Monat noch mehrere Tausend Euro Unterhalt zahlen. DA blieb für unsere Familienplanung eben nichts übrig. Ausserdem hat er ja schon ein Kind. Dass ich keins hatte, war ihm nicht nur egal, er machte sich auch noch ständig lustig über mich, wenn ich ihm sagte, dass dieser Wunsch für mich essentiell und die Basis einer Beziehung meinerseits sei: "schau dich doch an, du und Mutter, jessesgott" "du bist ja selbst noch es kind" "nein, hör auf. mach du dich selbständig, kauf dir eine weitere Katze"; etc. Er fing auch an, mich mehr und mehr zu beleidigen und gegenüber dem Kind auszugrenzen. Rannte mit dem Kind vorneweg und liess mich am Auto / an der Kasse / im Café stehen und sitzen. Ich musste immer Verständnis für seine Kinderliebe haben, schliesslich wollte er auch, dass, wenn das Kind zu Besuch sei, "sie alleine im Mittelpunkt steht". Ich durfte von Anfang an nicht mehr ausgehen, sollte zuhause rum sitzen, konnte nie mal mit ihm etwas unternehmen wg dem Kind und war immer total abgeschrieben, wenn sie da war. Plötzlich schlief er nicht mehr bei mir, sondern (damit er gut schlafen könne, was nur alleine möglich sei) in ihrem Kinderbett. Zum Teil selbst wenn das Kind da war, schlief er bei ihr und ich alleine. Ich durfte immer geben aber nie Mitsprache halten. Die erste Schultüte basteln, aber sie nicht persönlich abgeben. Die Fotos mit unserer Tüte machte er mit der Mutter. Schönen Dank, ja, aber das ist Sache der Eltern. Aber kannst du nicht noch dies für meine Tochter machen und jenes. Obwohl ich von Anfang an Miete und die Hälfte der Einkäufe / Urlaub / Rechnungen zahlte, weigerte ich mich, den Anteil für das Kinderzimmer zu zahlen. Schliesslich blieb für mich selbst als Rückzugsort nur eine dunkle Ecke im Durchgang des Schlafzimmers übrig. Er fühlte sich benachteiligt und begann, einen Hass auf meinen finanziellen Vorteil zu entwickeln (da ich von meinem Gehalt ja nur für mich alleine sorgen musste) und versuchte, wo es nur ging, von mir zu profitieren. Wenn ich anfing zu diskutieren, sagte er Dinge wie "Du zahlst, sonst hole ich mir einen Anwalt" etc. Auf die Streitereien folgten Schubsereien, Drohungen, Schubsereien und mehr. In jeder Streitsituation hiess es, ich solle meine Sachen packen und das sei nicht meine Wohnung. Letzten Oktober begann ich sicherheitshalber eine neue Stelle, um mich abzusichern, wo ich gleich samt Wochenendarbeit voll eingespannt wurde. Zeitgleich verstarb meine Mutter an Krebs, und ich musste ständig hals-über-Kopf 650km hin- und her zu jetten. Genau in der Zeit fühlte er sich von mir vernachlässigt, es gab eine Nacht, in der er mich (heulend) aufs Übelste beschimpfte und wegschubste. Hatte er früher immer betont, er sei der erste, der, falls meine Mutter sterben solle, mit ins Auto steigen würde, kam er KEIN EINZIGES MAL mit, noch nicht einmal zur Beerdigung (schliesslich hatte er eine wichtige Sitzung). Als kurz darauf noch meine Katze verstarb, musste ich sie alleine beerdigen bzw kam er eine halbe Stunde später zum Zuschauen, wie ein wildfremder Mann mir netterweise half. Ein paar Tage später verprügelte er mich, weil ich die Gummibärchentüte falsch aufgefangen hatte und mich gegen einen Kopfklatscher gleichermassen gewehrt hatte. Anschliessend tat ihm alles sehr leid, es ging eine Weile gut, dann fing es wieder von vorne an. Für seine Tochter ist er natürlich immer da, sie würde er nie so menschenverachtend behandeln. Im April wollte ich ausziehen, nachdem er mir an meinem Geburtstag eine Riesenszene gemacht hatte, ich solle am gleichen Tag den Schlüssel abgeben und ausziehen, sonst hole er Anwalt und Polizei. Kein Geschenk, kein Kuss. Nachmittags wieder Rosen zur Arbeit. Ich war am Ende und suchte mir dann nach weiterem Hin- und Her trotzdem eine neue Wohnung. Nach ein paar Tagen auf Heimurlaub hiess es wieder, er wolle mit mir alt werden, etc. Ich richtete die Wohnung als Arbeitszimmer für uns beide ein und er bemühte sich eine Weile. Aber jedes Mal, wenn das Kind da war, begannen wieder die Spannungen. Und ich fühlte mich mies, das an und für sich liebe Kind zu hassen - nicht wegen ihr, sondern wegen der Umstände. Und meinen Partner zu hassen für sein Verhalten mir gegenüber und dafür, dass ich jede Woche 2mal vor dem Kind zu hören bekam, " du bist Nummer eins (Kind), du bist Nummer zwei (ich)" wortwörtlich und ständig. Durch die Doppelmiete musste ich mich erst mal total einschränken, zahlte nun doch die Hälfte der Gesamtmiete und somit das Kinderzimmer mit. Trotzdem fing er wieder an, da die Tochter mittlerweile statt an jedem 2. Wochenende nun fast jedes Wochenende und zusätzlich noch 2-3 Tage unter der Woche bei uns ist und er dann die Wohnung alleine mit ihr haben will, mir zu sagen, ich solle nicht in unserer Hauptwohnung duschen, essen, schlafen, wenn sie da sei. Es passe ihm nicht. Das sei ihre Wohnung, meine sei ja die andere. Da reichte es mir und seitdem packe ich. Anfangs belächelte er mich nur, aber abhalten tut er mich auch nicht davon. Tage später viel ihm erst ein, dass er mich ja nicht verlieren wolle. Mir reicht es, mein Leben nach einem Kuckuckskind auszurichten, sei es noch so lieb. Ich mag nicht mehr immer nur Nummer 2 sein und die, über die man ja mit der Tochter so lustige Sprüche machen kann, haha. Die, mit der man eh kein Kind haben will. Die, der man den Verlobungsring nach Belieben wieder wegnimmt und versteckt (schliesslich war er teuer). Die, deren Geburtstag nichts wert ist, die aber angefragt wird, den Geburtstag des fremden Kindes mitzuorganisieren. Für die kaum Zeit da ist, die Exfrau aber jeden Tag präsent ist. Auch sie und ich immer ein neutrales, gutes Verhältnis hatten. Die, die auf Knopfdruck zur Verfügung steht und für alles Verständnis hat, aber bitte keine keine eigenen Bedürfnisse zu haben hat. Die, die sich immer an die anderen anpassen muss und wie eine Maus durch die Zimmer springen muss, um nicht im Weg zu stehen. Mir reicht es einfach. Für mich ist das Experiment Patchwork-Familie einfach nur eine grosse Lüge und definitiv gescheitert.